Die Idee, ein Internet-Tagebuch rund um das Geschehen in seiner früheren Heimatstadt zu führen, kam aus »persönlicher Unzufriedenheit« auf, sagt Robert Köhn, der seinen Lebensmittelpunkt berufsbedingt in die Nähe von Berlin verlegt hat: »Als Außenstehender hat man wenig Möglichkeiten, sich über die Stadt im Internet zu informieren.« In Zeitungen sei es platzbedingt nicht möglich, Themen in dem Umfang unterzubringen, wie man es gern möchte. Und was Blogs betrifft, habe Hoyerswerda im Gegensatz zu anderen Städten Nachholbedarf.
Und das stimmt ja auch. (Das Folgende soll jetzt keine Werbung und auch kein Dankeschön an den Wochenblatt Verlag – Hoyerswerdaer Tageblatt – sein, ich wollte das Folgende bestimmt schon seit 2 Monaten mal schreiben)
Neben den beiden Lokalzeitungen Lausitzer Rundschau und Sächsiche Zeitung, die ja inhaltsgleich erscheinen, bleiben noch Elsterwelle, WochenKurier und LausitzEcho. Das ist für die Größe der Stadt in Ordnung. Doch privat geschieht einfach zu wenig. Wir haben zu wenige Aktive, die Foren und Blogs betreiben, wo dann frei die Meinung ausgetauscht werden kann.
Einen kommerziellen Ansatz dazu suchte nun eben das Hoyerswerdaer Tageblatt. Im Mai diesen Jahres startete das neue Online-Portal „Die Hoyerswerdsche„. Hoyerswerdsche – das soll vertrauenerweckend klingen. So ein bisschen wie „beste Freundin“. Hätte man es hochdeutsch machen wollen, wäre wohl „Das Hoyerswerdaer“ herausgekommen. Und ja, der Titel ist okay. Doch was bietet denn die Hoyerswerdsche? Im Großen und Ganzen findet sich hier jeden Tag eine neue Geschichte aus der Tageblatt-Redkation, die in geringerem Umfang auch in den beiden gedruckten Zeitungen vorkommt. Angereichert ist diese Story jeweils durch zusätzliche Fotos und meist längere Interview-Passagen. Das liest sich oft schön locker runter und zum Anfüttern finden sich noch die Top-Schlagzeilen aus den Zeitungen angerissen – selbstverständlich nebst Link auf die Sächsische Zeitung. Und solche Hinweise auf die SZ finden sich auch an anderen Stellen.
Zum Beispiel beim absoluten Highlight der Seite, der sogenannten Hoyerswerdaer Hörzeitung. Hier durfte sich Hoy-TV-„Kind“ Mirko Kolodziej austoben und fühlt sich hörbar in seinem Element. Abr der hatte doch nur mit Fernsehen zu tun? Nein, Mirko begann seine journalistische Karriere bei Radio PSR und arbeitete fast 5 Jahre lang beim Berliner Rundfunk. Und er hat das, was vielen Fernseh- und Radio-Sprechern bei Elsterwelle noch heute fehlt: Die richtige Stimme. Unaufgeregt aber nicht langweilig, das Gefühl fürs richtige Timing, klare und deutliche Aussprache. Und so spricht er tagtäglich die wichtigsten Nachrichten im Kurzüberblick ein, jeweils um die 3 Minuten. Dazu kommen dann meist O-Töne die so gedruckt in der Zeitung stehen – das gibt dem Gesagten ein Stück weit zusätzliche Autentizität. Ab und an kommen größere Interview-Strecken als losgelöstes Interview. Wirklich, das ist eine gute Sache. Aber natürlich darf auch bei den News nicht der Hinweis auf die SZ fehlen, sogar mit Ansage der Nummer vom ABO-Telefon. Und doch dieses tägliche Hörzeitung hat wirkliches Potential: Sie ist zum Einen für die Menschen mit Schwierigkeiten beim Lesen eine große Hilfe und eröffnet einen „Blick“ in die täglichen Nachrichten, ist auch ein tolle Sache für all Jene, die nur mal eben in 3 Minuten schnell informiert sein wollen. Ich überlege ernsthaft, ob man den Podcast dazu nicht auch auf dieser Seite anbeiten sollte.
Ein weiterer Kernbereich ist das Fußball-„Portal„. Hier sollen die Hoyerswerdaer Mannschaften nach jedem Heimspiel in der Kreisklasse und Kreisliga einen kurzen Spielbericht abgeben – so kann die SZ nämlich schon am Montag in Kurzform über die „Kleinen Fußball“ berichten. Bisher wurden dazu die Spielberichte genutzt, die die Verein an den Stadtverband Fussball Hoyerswerda senden mussten – da es den nicht mehr gibt, wurde nun diese Lösung gefunden. Gewöhnungsbedrüftig: Beim Klick auf den entsprechenden Vereinsnamen erscheinen Spielberichte, zu allen Spielern, an denen der Verein beteiligt war und für die Spielberichte verfasst wurden. Dass manche Spielergebnisse mit und andere ohen Halbzeitstand gemeldet werden – geschenkt. Es ist immerhin eine erste Lösung für die Fußballinteressierten der Stadt.
Aber wo soviel Licht ist, ist natürlich auch Schatten. Im Mai war die Seite nämlich noch um wichtige Funktionen reicher. Da gab es ein öffentliches Forum und man konnte jeden der Tagesartikel auch kommentieren. Das wurde zwar nur spärlich genutzt, hätte Potential zum großen öffentlichen Gedankenaustausch gehabt, wenn man es denn auch ansprechend moderiert hätte. Nun bleibt nur noch die Möglichkeit des elektronischen Leserbriefs – ganz ehrlich, das ist ein riesengroßer Rückschritt!
Weiterhin bietet der Wochenblatt Verlag auch seine Verlagsangebote an. Das dürfte wahrscheinlich auch der wichtige Dreh- und Angelpunkt des Verlages sein. Man möchte sich ein wenig unabhängiger von den beiden Zeitungen SZ und LR machen und etabliert so eine eigene Plattform, auf der die journalistischen Werke (die eine Geschichte am Tag) präsentiert werden. Und nebenbei wird die Seite eben auch als Werbung für die Eigenproduktionen genutzt. Da sind zum Beispiel die Luftbild-Datenbank. (Hier hatte ich mir auch vor einigen Jahren ein paar Fotos gekauft) Wer ein solches Portfolio hat, der will das auch herzeigen und vielleicht den einen oder anderen Euro verdienen. Schöner wäre aber eine Online-Datenbank, wo alle Fotos im Kleinbildformat mit Wasserzeichen zum Vorauswählen einsehbar und bestellbar sind. So hat man wieder den Medienbruch – der potentielle Kunde muss also zur Geschäftsstelle ins Lausitz-Center und dort an einem Rechner die Fotos aussuchen.
Im Online-Shop bieten sich tolle Hoyerswerda-Souvenirs. Von den obligatorischen Tassen, über den Teller und Bierkrug bis hin zu Postkarten und Büchern. Mein persönlicher Liebling: Das 8-er Set Historische Postkarten.
Insgesamt ist die Hoyerswerdsche wahrhaft eine tolle Sache. Die tägliche Geschichte ist mit reichlich zusätzlichem Material angereichert. Die Hörzeitung ist jeden Tag informativ und auch ein wenig innovativ, weil es eben nicht nur ein Vorlesen der Zeitungstexte ist. Und im Online-Shop finden sich viele Produkte, die man als Auswärtiger bisher noch nicht im Netz kaufen konnte. Wäre da nur noch eine Kommentar-Funktion, dann könnte man uneingeschränkt den Daumen heben (die Werbung für die Verlagsangebote und die SZ sind nachvollziehbar, irgendwoher muss ja auch das Geld kommen). Ein Projekt, dass man im Auge behalten sollte!
P.S.: Allerdings ist es mit der Courage und dem Einstehen für seine Artikel auch manchmal nicht so: Vom Abschied des FC Lausitz aus der Bezirksliga existierten insgesamt 3 verschiedene Versionen, die dann aber allesamt einfach nur gelöscht wurden (1 / 2 / 3). Bis zum heutigen Tage wurde nicht einmal ein kurzes Statement abgegeben, warum man diesen Text kommentarlos entfernt hat. Schade!
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[…] Über das Online-Portal des Hoyerswerdaer Wochenblattes (beliefert als Hoyerswerdaer Tageblatt den L… Nun wurde die Seite wieder erweitert. Seit heute werden dort im Rahmen des JuST-Blogs Artikel der Nachwuchsredakteure veröffentlicht. Man kann natürlich mit dem einen Artikel noch nicht viel über das Portal sagen. Und natürlich wird dort oft eine schwankende journalistische Qualität zu finden sein. Doch das ist der Sinn der Übung. Wo sonst soll denn der Nachwuchs üben können? Nicht jede Schule hat die Möglichkeiten, eine eigene Schülerzeitung herauszugeben oder den Schülern die Schulinternetseite zum experimentieren anzubieten. Darum: Daumen hoch für die neue Spielwiese. Ich freue mich auf eine Reihe interessanter Themen, auf die die etatmäßigen Redakteure vielleicht nicht gekommen wären… […]