Der (fast) vergessene Fußball-Triumpf für Hoyerswerda

Erfolgreicher Fußball in Hoyerswerda? Klar da fallen sofort Namen wie BSG Aktivist Schwarze Pumpe, FSV Hoyerswerda und auch FC Lausitz Hoyerswerda. Diese Erfolge liegen auch nicht allzuweit zurück. Und insbesondere von den 70er-Jahren bis hinein in die beginnenden 00-er Jahre gab es großen Fußball im Jahnstadion zu sehen. Und doch … gehen wir noch einige Jahrzehnte zurück, spielte mit SV Hoyerswerda 1919 ein Verein schon früher eine prominente Rolle im Deutschen Fußball.

Am 2. Mai 1919 begann mit der Gründung die Geschichte des ersten reinen Fußballvereins in Hoyerswerda – denn der Männerturnverein Hoyerswerda betrieb den „Flegelsport“ schon damals mit viel Elan aber nur überschaubren Erfolg. Im Kastanienhof verabredeten 22 Männer, dass sie ihren SV 1919 gründen wollen. Erstmals aufmerksam machten die jungen Kicker in der Spielzeit 1920-21 als sie im Südostdeutscher Fussballverband im Bezirk Niederlausitz in der 1A-Klasse Staffel D auf Anhieb Tabellenzweiter wurden. In der folgenden Spielzeit folgte eine Ligareform und Hoyerswerda spielte fortan im Gau Senftenberg – mit Erfolg. Denn am Ende sorgte der Aufstieg in die A-Klasse Niederlausitz für große Beachtung.

Zur Vorbereitung auf die neue Spielzeit wurden Spiele gegen meist hochklassige Mannschaften angesetzt: So gegen die Spielvereinigung Bunzlau (5:1-Erfolg), die Sportfreunde Freiberg (2:1-Niederlage) oder auch den Berliner Sportverein 92 (4:3-Niederlage). Die folgenden Punktspiele drohten, hartes Brot zu werden.

Und tatsächlich. Ausgerechnet im ersten Pflichtspiel ging es am 28. August 1932 zum Cottbuser FV 1898 – ein Spitzenclub in der Liga, der bis dahin immerhin fünffacher Niederlausitzmeister wurde. Und natürlich reichte es gegen 98 nicht zum Punktgewinn. Die 1.200 Zuschauer konnten nämlich schon nach 3 Minuten zum ersten Mal jubeln, als „Mimmi“ Leuthert den Ball im Netz des Hoyerswerdaer Keepers Jando versenkte. Es entwicklete sich ein hartes Spiel beider Mannschaften, in deren Folge sich ein ums andere Mal Chancen vergaben. Zeitgenössische Beobachtr beschrieben das so:

Es sei noch erwähnt, dass man auf beiden Seiten das Versieben von glänzenden Torgelegenheiten in besonders krasser Weise zu sehen bekam.

„Die Leibesübung“ – 30.08.1932

Und dennoch waren die Gastgeber ein zweites Mal erfolgreich. Erneut Leuther erzielte den Treffer – diesmal zum 2:0 in der 57. Spielminute. Die Härte setzte den Hoyerswerdaer Mannen aber besonders zu. Milk fiel schwer auf den Rücken und erlitt zudem eine Trittverletzung auf dem Oberschenkel. Es nützte nichts. 1919 musste Lehrgeld zahlen. Das 0:2 hätte ein schlechtes Omen für diese Saison bedeuten können. Und so kam es auch im ersten Heimspiel gegen Askania Forst vor 800 Zuschauern wieder nicht zum erhofften Punktgewinn. Und diesmal waren die Gastgeber keinesfalls das schlechtere, aber wohl das unglücklichere Team. So setzte Rich den Schuss nur knapp neben den Kasten, Joppich traf frei stehenden den Pfosten und Kowalick nur die Latte. Und dieses Unvermögen nutze Forst zum goldenen Treffer in Minute 40 durch Hoer. Am Ende trugen die Askania-Fans zwei ihrer Spieler fröhlich feiernd vom Platze. Doch am 11. September platze endlich der Knoten gegen die bis dahin ebenfalls punktlosen Kicker von Wacker Ströbitz. 700 Zuschauer schwante jedoch doch Übles. Denn Kutscher im Tor der Wacker fischte jeden halbwegs gefährlichen Ball weg. Ein Eckball in der 30. Spielminute kündigte den totalen Fehlstart an: Linksaußen Schluz köpfte mit energischem Sprung den Ball in die Maschen. Das konnte ein schlimmer Nachmittag werden. Denn was die Hoyerswerdaer auch unternahmen, sie bekamen das Leder einfach nicht im Kutscher-Kasten versenkt. Die Erlösung in der 67. Spielminute als Joppich von Kappa gefällt wurde. Den fällgen Elfmeter verwandelt Joppich souverän. Von nun an, lief es. Lurz darauf Handpsiel von Wacker – minutenlange Diskussionen auf dem Spielfeld folgen. Erst nach fünfminütiger Pause dann Einwurf in Strafraumhöhe und Schiemank netzt auf dem Gedränge zum 2:1 ein. Die weiteren Treffer von Wenk und Rich. Endlich die ersten Punkte in der neuen Liga.

Von nun an lief es. Bei Brandenburg Cottbus erzielten Schiemank und Rich die Treffer beim 1:2-Erfolg. Die 1.000 Zuschauer waren weniger begeistert. Erst mit Polizeiverstärkung konnte die Szene beruhigt werden und die Hoyerswerdaer die Rückreise im Auto antreten, 1919-Spieler Kiesel bekam aber einen Tritt verpasst und musste in ärztliche Behandlung. Auch im anschließenden Heimspiel gegen dem 1. FC Guben bekamen die 1.000 Zuschauer tollen Fußball geboten. Die Treffer erzielten Nevoigt (er kam nach einer Umstellung wegen des verletzten Kiesel und traf gleich 3x), Joppich, Schiemank, Kamella. Und in der Folgewoche setzten die Hoyerswerdaer mit ihrem 0:3-Erfolg bei Deutschland Forst noch einen drauf. Die Treffer von Kamella (2x) und Rich markieren auch das kleine Tabellenwunder. Nach zwei Spieltagen noch auf dem letzten Platz ist der SV 1919 plötzlich „über Nacht“ Tabellenzweiter – punktgleich mit Spitzenreiter Viktoria Forst.

Die erfolgreichen Kicker aus der Elsterstadt blieben nicht unentdeckt. Und so durften sich Wenk und Joppich in der Auswahlmannschaft des Südostdeutschen Fußballverbandes wiederfinden. Im Auswahlspiel gegen die Mannschaft von Westdeutschland steuerte Wenk sogar den ersten Treffer beim 3:2-Erfolg gegen die Elf um die Schalker Meisterspieler wie Kuzorra ein.

Dann kam es zum großen Showdown: Tabellenführer Viktoria Forst musste bei 1919 auf dem Adler-Sportplatz antreten und sagenhafte 2.000 Zuschauer waren dabei. Um Euch dieses Spiel ganz nah vor Augen zu führen, zeigen wir hier den kompletten Spielbericht aus „Die Leibesübung“ vom 24.10.1932 im Original.

„Die Leibesübung“ vom 24.10.1932

Mit der Sieg gegen Viktoria Forst war plötzlich Hoyerswerda Tabellenführer und das nach dem Start! Doch diese Favoritenrolle musste fortan auch verteidigt werden. Schon im Spiel bei Askania Forst reichte es nur zu einem knappen 0:1-Erfolg durch den Treffer von Kamella.

Einen erlebnisreichen Sonntag erlebte Hoyerswerda am 6. November 1932, denn nicht nur die erneute Reichstagswahl (nachdem bereits im Juli gewählt wurde) sorgte für Aufregung, auch der SV 1919 hatte erneut ein Heimspiel im Kampf um die Niederlausitz-Meisterschaft. Doch wegen der Wahl waren mit 600 Zuschauern deutlich weniger Schlachtenbummler auf dem Adler-Platz, auch die Heimmannschaft startete dezimiert mit 9 Kickern, die erst im Laufe der ersten Halbzeit eintrafen. Dennoch erzielt Rich das 1:0 im ersten Durchgang und Nevoigt legt in der zweiten Hälfte zum 2:0 nach. Bei starkem Regen gelingt den Gästen nach der Anschluss, aber eine Aufholjagd gelingt nicht mehr.

Einen Dämpfer erleiden die Bemühungen um die Meisterschaft dann in der Folgewoche bei Viktoria Forst. Ein Wechselbad der Gefühle nach Anpfiff. Erst erzielte Wenk in Minute 4 den Führungstreffer, doch wenige später verletzte sich Stürmer Joppich am Knie verletzte. Auswechslungen gab es im Jahre 1932 noch nicht, so biß er auf die Zähne und versuchte als Rechtsaußen zumindest ab und an Akzente zu setzen. Und obwohl Hoyerswerda kämpfte und gut spielte, setzte es am Ende eine 4:1-Niederlage. Die Tabellenführung war damit futsch.

Doch nicht für lange Zeit, denn 1.200 Zuschauer sollten das Aufeinandertreffen des nun Tabellenzweiten gegen den Tabellenführer Cottbuser FV 1898 sehen, die selbst von über 200 Schlachtenbummlern – sogar mit einer Trompete – begleitet wurden. Und ausgerechnet in diesem Spiel fehlte Joppich. Es entwicklet sich ein packendes Duell und obwohl der erste Durchgang torlos endet, ist wohl kein Zuschauer enttäuscht. Ein Kopfball von Nevoigt wird von Zahumenskh zur Führung verwandelt, doch noch sind 20 Minuten zu spielen. Erneut ist es Zahumenskh, der eine Flanke von Schiemank zum Treffer verwandeln kann. Damit ist das Spiel doch durch? Ein Torwartfehler ermöglicht den Anschlusstreffer und kurze Zeit später gibt es sogar Elfmeter für Cottbus. Doch Jando im 1919-Kasten hält den Scharfschuss – die Fans jubeln! 9 Minuten später verwandelt Zahumenskh zum lupenreinen Hattrick. Tabellenführer! Wieder einmal!

Das muss doch reichen zur Meisterschaft? Zumal der nächste Gegner auf dem Adler aus den unteren Tabellenregionen kommt. Doch Hoyerswerda kommt irgendwie nicht ins Spiel. Schon in der 25. Minute schiebt Deutschland Forst zum 0:1 ein. Das Spiel aber plätschert weiter vor sich hin. Auch im zweiten Durchgang ist der 1919-Sturm abgemeldet. Erneut ein Gegentreffer in der Mitte der zweiten Hälfte. Doch jetzt tanken sich die Elsterkicker wieder ran. 13 Minuten vor Spielende ist es Zuhumenskh, der nach einer Ecke den Anschlusstreffer erzielen kann. Und in Minute 89. erzielte Kamella sogar den Ausgleich – doch zum Sieg fehlten einfach noch einige Spielminuten.

Das folgende Auswärtsspiel beim 1. FC Guben könnte den Platz an der Sonne festigen. Doch vor 1.500 Zuschauern siegte Guben 3:2 – die beiden Tore für 1919 erzielte Zahumenskh. Weil 98 Cottbus seine Partie bei Askania Forst gewann und noch eine Nachholepartie hatte, war die Tabellenführung nun futsch. Als Cottbus in der darauffolgenden Woche im Stadtderby gegen Brandenburg Cottbus gewinnt, ist die Meisterschaft entschieden. Denn trotz einer noch ausstehenden Partie kann Cottbus nicht mehr überholt werden. Der 11. Dezember 1932 markiert also den Tag, an dem der Hoyerswerdaer SV 1919 als Tabellenzweiter und Vizemeister der Niederlausitz in den Meisterschaftskampf des Südostdeutschen Fußballverbandes entsandt wird. Der wohl größte Triumpf für den noch jungen Fußball unserer Stadt.

Die letzte Partie der Spielzeit bei Wacker Ströbitz ist nur nach etwas für Chronisten. Nach einer Verletzung von Milk (leichter Gehirnerschütterung und Verletzungen an der Lippe, spielte nach 10 Minuten Pause tapfer weiter) zu Beginn des Spieles war Hoyerswerda fortan geschwächt. 3:1 verloren die Elsterstädter, Wenk erzielte den Ehrentreffer durch Elfmeter.

„Die Leibesübung“ vom 19.12.1932

Am Ende der Saison wurde das Verletzungspech den drangvollen Hoyerswerd’schen zum Verhängnis. Insbesondere das Fehlen von Joppich in den letzten fünf Spielen machte sich bemerkbar, weil die Adler-Kicker so deutlich an Qualität verloren. Die folgende Meisterrunde um die Südostdeutsche Meisterschaft beschert Hoyerswerda Spiele gegen die absoluten Toppmannschaften der damaligen Zeit. Doch das ist wieder eine ganz andere Geschichte.

Damit dieser einmalige Triumpf nicht wirklich in Vergessenheit gerät, haben wir dieses spannende Stück Fußballgeschichte für Euch ausgegraben. Auch heute noch spielt der Hoyerswerdaer Fußballclub in Tradition des SV 1919 aber auch der anderen erfolgreichen Clubs von der BSG Aktivisit Schwarze Pumpe, über den FSV Hoyerswerda und den FC Lazusitz Hoyerswerda für unsere Stadt in der Region. Schaut doch auch gern dort mal vorbei!

Wir hoffen, es hat Euch gefallen und Ihr habt Neues über die Geschichte Hoyerswerda erfahren können.

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