VSE: „Die Gesellschaft darf auch sonstige Verkehrstätigkeiten sowie Mietwagenverkehr betreiben.“

Dieser Tage wurde eine Beschlussvorlage in den Stadtrat eingebracht, die den Gesellschaftervertrag der Verkehrsgesellschaft Schwarze Elster (VSE) –  unser städtisches Busunternehmen – ändern soll.

Der Unternehmensgegenstand wird dazu angepasst:

Gegenstand des Unternehmens ist die Planung, Organisation, Ausgestaltung und Durchführung des öffentlichen Personennahverkehrs einschließlich der Schülerbeförderung und etwaiger Sonderformen sowie alle damit zusammenhängenden Tätigkeiten. Die Gesellschaft darf auch sonstige Verkehrstätigkeiten sowie Mietwagenverkehr betreiben. Die Gesellschaft kann alle im sachlichen Zusammenhang mit dem vorbezeichneten Gegenstand stehenden Tätigkeiten wahrnehmen und alle Geschäfte und sonstigen Maßnahmen ergreifen, die dem Gegenstand des Unternehmens mittelbar oder unmittelbar förderlich sind, beispielsweise die Durchführung von Instandhaltungs-, Fuhrparkmanagement- und sonstigen Serviceleistungen für eigene oder fremde Kraftfahrzeuge sowie das Vorhalten und die entgeltliche Zurverfügungstellung von Kraftfahrzeugen für Dritte.

Was soll damit bewirkt werden? Die Antwort wird in der Beschlussvorlage bereits genannt. Die VSE gehören ja zu 100% zu den Städtischen Wirtschaftsbetrieben Hoyerswerda (SWH). Diese Stadtwerke-Holding hält auch Anteile an den Versorgungsbetrieben Hoyerswerda (VBH), derzeit sind es 64,8%. Bei der VBH wurde der Fuhrpark bisher von einem VBH-Mitarbeiter geleitet, der nun in den Ruhestand wechseln wird. Da könnte man ja einen neuen Mitarbeiter einstellen. Doch die VBH haben vor allem einen wichtigen Auftrag: Sie sollen möglichst viel Geld für die Teilhaber (Stadt Hoyerswerda über die SWH, EWE und Gasprom über Verbundnetzgas, E.ON, GdF, Vattenfall über die Spreegas und RWE über enviaM) erwirtschaften. Also müssen auch hier Einsparungspotentiale gesucht und gefunden werden. Da trifft es sich natürlich gut, dass die städtische VSE die Kapazitäten und auch die Kompetenzen hat, hier die Fuhrparkdienstleistungen zu erbringen. Außerdem hat die VSE strukturelle Probleme:

Denn die bisherige Aufgabe war der Betrieb des Personennahverkehrs in Hoyerswerda. Mit sinkenden Einwohnerzahlen, sinken auch die potentiellen Fahrgäste. Außerdem ist man stets auf die Ausgleichszahlungen des Verkehrsverbundes angewiesen – die sind in den vergangenen Jahren weiter und weiter gesunken. Daher wird weiter Personal abgebaut: waren 2007 noch 59 Mitarbeiter beschäftigt, so waren es zwei Jahre später nur noch 54 Mitarbeiter, davon werden aber weitere 4 Mitarbeiter demnächst in die Ruhephase der Altersteilzeit gehen – schwupps und wieder Personal abgebaut, ohne entlassen zu müssen. Um die VSE zukunftsfähig zu machen, wurde sie in die Stadtwerke Holding SWH eingegliedert, die die Verluste jedes Jahr ausgleicht. 2007 waren es 1.152.400 €, 2008 1.005.300 € und 2009 nur noch 404.200 €. Eine Lösung für das strukturelle Problem – es werden ja nicht plötzlich deutlich mehr Einwohner kommen – ist die Verbreiterung des Geschäftsfeldes. Und nun weiter im Haupttext.

Die VBH brauchen nun also ein Fuhrparkmanagement. Um nicht einen neuen Mitarbeiter einzustellen, sollen nun die VSE damit beauftragt werden. Das ist praktisch, die haben einen großen Betriebshof, die haben entsprechendes Material und die haben eine eigene Tankstelle! Dort profitieren die VSE-Busse schon lange vom Mengenrabatt bei der Dieselbeschaffung. Nun können also auch die VBH-Fahrzeuge diesen Preisvorteil nutzen. Diesen Mengenrabatt will man auch bei den Versicherungen nutzen. Außerdem kann das bestehende Personal auch die Fahrzeuge „betreuen“ wie es so schön in der Beschlussvorlage heißt. Es wird explizit nicht „warten“ geschrieben. Denn es gäbe dann das Problem, dass man diese Beschlussvorlage angreifbar macht. Würde die VSE die Wartung der Fahrzeuge übernehmen – was für mich nur logisch und finanziell vernünftig wäre -, dann würden die lokalen Kfz-Werkstätten natürlich auf die Barrikaden gehen, da würde nämlich ein städtisches Unternehmen in direkte Konkurrenz zu den Privatunternehmen stehen. Das ist gesetzlich nicht gewollt und würde sogar juristische Handlungsmöglichkeiten für die betroffenen Werkstätten schaffen. Daher steht im Punkt „Auswirkungen auf die private Wirtschaft“:

Die Vergabe spezifischer typenbezogener Wartungs,- und Reparaturaufträge sowie die Durchführung gesetzlich vorgeschriebener Prüfungen und Untersuchungen erfolgt an die private Wirtschaft.

Damit wird die regionale Wertschöpfung gefördert, da diese Aufträge an Handwerksbetriebe vergeben werden können, die in der Stadt Hoyerswerda ansässig sind. Das führt zu einer verbesserten Auftragslage für lokale Handwerksbetriebe. Dabei können und sollen sich auch langfristige Partnerschaften mit städtischen Betrieben ergeben, die für eine stabile, langfristige Beschäftigungsperspektive und für Schaffung von Ausbildung- bzw. Arbeitsplätze sorgen.

Seien wir mal ehrlich. Das steht jetzt so auf dem Papier. Das mag auch für die nächsten ein-zwei Jahre so Bestand haben. Aber eine schleichende Übernahme der Wartungsaufträge und von Kleinreparaturen, das könnte die VSE schon jetzt leisten. Warum sollen die erfahrenen Mechaniker der VSE dann die Fahrzeuge erst zur Werkstatt bringen, wenn sie Kleinigkeiten selbst machen können? Das wird spannend sein, wie sich dieser Passus in der Wirklichkeit gestaltet. Dieser Punkt ist auch der brisanteste an der Beschlussvorlage. Doch andererseits verlieren dennoch Unternehmen Aufträge. Denn, wenn nun bei der VSE getankt werden soll, dann verlieren die städtischen Tankstellen automatisch die VBH-Fahrzeuge als Kunden. Damit fehlt denen auch Geld! Am Punkt Einfluss auf die Wirtschaft könnte es durchaus noch Diskussionsbedarf geben.

Und das wirklich Spannende steht zwischen den Zeilen:

Das Fuhrparkmanagement kann bei Bedarf auch auf andere Töchter der SWH ausgeweitet werden. Darüber hinaus sind auch Erweiterungen für andere städtische Unternehmen und Organisationsformen denkbar.

Aha, das wäre wirklich ein gutes Geschäftsmodell für die VSE. Sie könnten also in Zukunft das gesamte Fuhrparkmanagement für die städtischen Unternehmen und auch die Stadt selbst übernehmen. Und ja, das macht Sinn und zum anderen ist es genau das zweite Standbein, das Arbeitsplätze bei der VSE sichert und die strukturellen Verluste der VSE in einigen Jahren mindern oder gar in ein Plus umwandeln kann.

Was nicht unerwähnt bleiben darf: Es steht in der Beschlussvorage auch, dass die VSE Mietwagenverkehr betreiben dürfte. So könnte das Konzept der Zukunft also auch lauten, dass die VSE die städtischen Fahrzeuge kauft und dann zur Nutzung an die Stadt oder die städtischen Unternehmen zurückvermietet. Auch ein sehr interessanter Ansatz, der dann zu verfolgen wäre, wenn die Stadt vom Freistaat Sachsen gezwungen würde, Geld zur Schuldentilgung zu erwirtschaften. So kommt kurzfristig Geld in die Stadtkasse, langfristig macht das städtische Unternehmen einen anständigen Gewinn und unterstützt durch seine Zahlungen an die Stadtwerke-Holding SWH die Stadt bei der Erfüllung der sogenannten freiwilligen Ausgaben, wie Brunnen.

P.S.: Diesen Text wollte ich schon seit Freitag schreiben, doch immer ist was dazwischen gekommen. Heute bin ich nun der „Letzte“, der etwas dazu schreibt. Zunächst hatte Zeitnah-Online die Meldung ausgestrahlt, dann auch SZ/LR eine Kurzmeldung gebracht. Der frühe Vogel fängt den Wurm 🙂

 

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