Hoyerswerda wills wissen: Wollen die Hoyerswerdaer an 1991 erinnert werden?

Hoyerswerda und sein Erinnern an die Attacken auf die Unterkünfte für die Vertragsarbeiter und die Asylbewerber im Jahre 1991 – das ist grundsätzlich ein schwieriges Thema. Es gibt da verschiedenste Interessenslagen. Die Einen brauchen Hoyerswerda als Projektionsfläche für das Böse, die Anderen brauchen Hoyerswerda als Projektsionsfläche für ihre „Erfolge“, wiederum Andere brauchen Hoyerswerda als schaurige Abendunterhaltung fürs Fernsehen („Seht, da wohnen die Bösen. Die ändern sich nie…“). Ja und wieder Andere, die sind in Hoyerswerda geboren, aufgewachsen, haben hier gelebt oder leben da. Letztgenannte werden nun von der Stadt Hoyerswerda befragt, wie sie es mit dem Erinnern so halten.

Auf der Homepage der Stadt stellt die Verwaltung nochmals kurz dar, was alles gemacht wurde, um Hoyerswerda eben nicht als tatenlos stehen zu lassen. Das Credo auf die vermeintlich oft gestellte Frage lautete:

„Hat Hoyerswerda seit 1991 nichts dazu gelernt?“, ist die Frage, die uns aktuell gestellt wird.

Dies muss man klar verneinen.

Daran schließt sich aber eben noch eine wichtigere Frage an, nämlich die, was von dem Erinnern zum 20. Jahrestag danach bleiben wird in Hoyerswerda:

Die Frage lautet: Wie und auf welche Weise soll in Hoyerswerda fortan und nachhaltig mit dem Gedenken an 1991 umgegangen werden?

Demnach sei es denkbar, dass Gedenkstelen oder Stolpersteine im öffentlichen Raum angebracht werden können. Man könnte aber auch eine Gedenktafel im Rathaus verstecken aufstellen.

Daher richtet die Stadt einen Aufruf an ihre Bürgerinnen und Bürger:

Ihre Meinung ist jetzt gefragt. Bitte entscheiden Sie mit – und teilen Sie uns mit, wie und auf welche Weise in Hoyerswerda fortan mit dem Gedenken an 1991 umgegangen werden soll!

Der Abstimmungsbogen dazu liegt im Rathaus aus oder kann im Intenet hier heruntergeladen werden. Ein erster Blick auf das Umfrageformular verrät aber auch, dass die Stadt schon jetzt die Richtung vorgibt. 3 Wahlmöglichkeiten gibt es:

Stele in der Müntzer-Straße

Erinnerungstafel im Rathaus

Stolperstein in der Müntzer-Straße

Fassen wir zusammen: Die Bürger der Stadt Hoyerswerda sollen mal mitreden dürfen. Wollen sie eine „Stätte des Gedenkens an den September 1991“? Ja oder Nein! Und wo wollen sie diese Stätte haben oder nicht haben. Dabei stehen zu Auswahl: Das Rathaus, also da, wo es keiner sieht. Oder die Müntzer-Straße – da, wo es keiner sieht, weil dort bald niemand mehr wohnen wird. Dass man zum Beispiel das „Problemviertel“ an der sogenannten „Polenmauer“, der Ort an dem die Belagerung und die Angriffe auf die Wohnheime begann, ausspart, hat wohl seine Gründe. Hier fürchtet man – vermutlich auch zurecht -, dass eine wie auch immer ausgestaltete Gedenkstätte schnell zerstört würde. Nachdem dort ein Kamerateam mit drei ehemaligen Vertragsarbeitern aufs derbste beleidigt und beschimpft wurde und so das Medienbild von Hoyerswerda bestätigt wurde, will mal wohl vermeiden, dass auch eine offizielle Gedenkstätte ständig für (Negativ-)Schlagzeilen sorgt.

Aber warum nimmt man denn nicht den zentral gelegenen, videoüberwachbaren Lausitzer Platz? Hier könnte auf dem Platz vor der Lausitzhalle eine Stele in der Sichtachse zum Springbrunnen einen zentralen Platz einnehmen. Hier könnte ein Erinnerungssignal gesetzt werden, den man nicht übersieht.

Ja, Erinnern kann weh tun, nein Erinnern soll und muss weh tun. Darum sollten möglichst viele Hoyerswerdaer die Möglichkeit nutzen, an der Umfrage teilzunehmen und auch gerne im Freitextfeld weitere Angaben machen.

 

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  1. […] immer keinen zentralen Ort, an dem öffentlich an das Versagen der Zivilgesellschaft gedacht wird. Also wollte die Stadt im September von ihren Bürgern wissen: Wie und auf welche Weise soll in Hoyerswerda fortan und nachhaltig mit dem Gedenken an 1991 […]

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