Wenn einer Gutes tut – auch, wenn das gar nicht seine Absicht war -, dann soll man Danke sagen. Das machen wir gleich an dieser Stelle: Danke, Bernd! Wieso, weshalb, warum?
Bernd, das ist Bernd Lange, Landrat des Landkreises Görlitz für die Christlich Demokratische Union Deutschlands (CDU). Und in seiner Funktion als Landrat ist er gleichzeitig Mitglied im sogenannten Kulturkonvent des Kulturraums Oberlausitz-Niederschlesien. Dieser erhält jedes Jahr vom Freistaat Sachsen finanzielle Mittel, um die Kultur in unserer Region zu fördern. Die Idee dieser lokalen Kulturräume ist, dass sie direkt ihr Ohr an der Basis haben und wissen, wo das Geld vor Ort wofür benötigt wird. Das Geld, das verteilt wird, sind jedoch keine Almosen, sondern reguläre staatliche Kulturförderung, die auf dem Sächsischen Kulturraumgesetz basiert.
Einrichtungen, die eine Förderung erhalten wollen, müssen einen Antrag stellen. Über alle Anträge entscheidet der Kulturkonvent, dessen Vorsitzender eben der CDU-Landrat Bernd Lange ist, dabei unterstützt wird er vom Kulturbeirat – das sind Vertreter der geförderten Einrichtungen. Das letzte Wort hat der Kulturkonvent, er entscheidet, wer Geld bekommt und wie viel Geld.
So viel Macht über Wohl und Wehe des dringend benötigten Geldes ist nicht immer gut. Das zeigt auch unser Görlitzer CDU-Landrat. Denn als im Hoyerswerdaer Zoo im August Nachwuchs bei den Kubanischen Rautenkrodilien verkündet wurde, dachten die Macher der grünen Oase, dass es das Beste sei, die Besucher würden die Namen der sieben Nachwuchs-Krokos wählen. Das geschah auch am Tag der Bundestagswahl am 22. September im Zoo. Über 500 Besucher wählten die passenden Namen. Doch ein Name stand schon vorher fest. Ein besonders lebendiger Kuba-Racker bekam gleich den Namen des ehemaligen Kubanischen Staatspräsidenten Fidel Castro.
Das kam nicht überall gut an. Im Dreiländereck Görlitz muss es dem evangelisch geprägten CDU-Landrat wohl das Frühstücksbrot in der Speiseröhre verkantet haben. Jedenfalls reagierte er so souverän, wie man es von einem gewählten Politiker und Vorsitzenden einer Kommission erwarten kann, die mit den Millionen des Freistaates Gott spielen und sie nach Gutdünken Gesetz verteilen darf: Er stellte die gesamte Kulturraumförderung für den Zoo Hoyerswerda öffentlich in Frage, solange, wie das unschuldige Kroko-Baby nach einem menschenverachtenden Diktator benannt würde. Was im Umkehrschluss sofrtige Reaktionen des Zoos nach sich zog. Schon 2012 wollte der Kulturkonvent Geld zu Lasten unseres Zoos sparen. Das rief nun erneut böse Erinnerungen wach, dem CDU-Landrat ist Alles zuzutrauen!
Im vorauseilenden Gehorsam, wie er solchen Systemen anhängt, die der Herr CDU-Landrat nicht durch Tierbenennungen lobpreisen möchte, bekannte die Zoo-Chefin Carmen Lötsch, der Kroko-Racker würde nun zunächst Fidelio heißen und sollte die Geschlechterbestimmung einen weiblichen Namen ergeben, dann Fidelia.
Eigentlich war die Geschichte damit beendet, der Zoo gerettet, die freiheitlich-demokratische Grundordnung ebenfalls und der CDU-Landrat konnte zufrieden sehen, dass er seine Meinung ganz unkompliziert Anderen aufdrängen kann. Doch natürlich war das ein gefundenes Kroko-Fressen für unsere Presselandschaft. Wurden die ersten Berichte im Oktober noch vorwiegend lokal bekannt, sprang sehr bald das Presseorgan des Axel-Springer-Verlages auf. Und damit nahm die Geschichte Fahrt auf, war schnell in den „bunten Spalten“ vieler deutscher Zeitungen. Nach der Auflösung der misslichen Story durch Umbenennung und der weiteren Verbreitung z.B. durch die Deutsche Presseagentur DPA und natürlich BILD, wurde es dann sogar international:
- Martinoticas – das Onlinemagazin für Exil-Kubaner in den USA, das einen Fernseh- und Radiosender betreibt berichtet.
- Aljazeera – DER Arabische Fernsehsender fand aebenfalls Platz.
- FOX News – der konservative Nachrichtensender aus den USA.
- Washington Post – ein seriöses Nachrichtenblatt aus der US-Hauptstadt.
- Daily Mail – ein Nachrichtenblatt aus Großbritannien.
- und viele, viele, viele andere…
Natürlich berichteten die Zeitungen, weil es lächerlich interessant ist. Eine bunte Geschichte, bei der der Leser schmunzeln darf, wie bekloppt doch die blöden Deutschen sind. Machen die gesetzliche gewollte Kulturförderung, ohne die der Zoo dicht machen muss, von der Namensgebung eines kleinen Kuba-Krokos abhängig. So doof, sind wir in den USA ja gar nicht, was ist da schon der Government Shutdown– so der Tenor.
Und ja, es ist lächerlich. Es ist auch sehr merkwürdig, wie bei einer Hoyerswerdaer Einrichtung andere Maßstäbe an die Förderfähigkeit angelegt werden, als z.B. beim Zittauer Gerhart-Hauptmann-Theater im heutigen Landkreis Görlitz. Damals stellte der Sächsische Rechnungshof Ungereimtheiten im Umgang mit den finanziellen Mitteln in beträchtlicher Höhe fest. Es gab damals kein Wort des Kulturraumes, das hier die Förderunge ingestellt werde. Erst auf Druck des Rechnungshofes wurde ein Teilbereich korrigiert. Freileich war damals unser CDU-Landrat Bernd Lange noch nicht am Ruder – das hätte es mit ihm so ganz sicher nicht gegeben – in seinem Landkreis!
Themenwechsel und doch das gleiche Thema! Am Wochenende freuten sich Zoo und Musem über ein neues Hinweisschild an der Autobahn A4, das auf Zoo & Schlossmuseum in der Stadt hinweist. Freilich ein deutlich sinnvollerer Werbeträger, als das vor zwei Jahren installierte Schild mit nichtssagenden Hoyerswerdaer Gebäuden.
Diese Werbung kostet jedoch mal eben einige zehntausend Euro. Kostenlose und dazu weltweite Werbung veranstaltete unser Görlitzer CDU-Landrat Bernd Lange. Da kann kein braun-weißes Schildchen mithalten. Nun wissen auch die Touristen aus dem Arabischen, die Globetrotter aus der US-Hauptstadt und die (Exil-)Kubaner: Im Hoyerswerdaer Zoo, da ist was los, da wird was geboten!
Danke, Bernd! Nun ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis andere geförderte Einrichtungen sich beim Kulturraum beschweren, dass sie nicht eine solche intensive Werbeunterstützung bekommen. Der Neid gegen uns Hoyerswerdsche ist doch vorprogrammiert!
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[…] als die Geburt der Kubanischen Rautenkrokodile nicht nur fachlich interessierte Besucher anlockte, sondern verstärkt durch dicke Schlagzeilen sogar weltweite Beachtung fanden. Vermutlich wäre sonst auch 2013 eine große Enttäuschung […]