Bautzen vor Hoyerswerda? Das doch allzuoft vorherrschende Bild im Landkreis und oft genug zum Nachteil unserer Stadt. Doch nicht immer muss es ein Nachteil sein, nicht ganz vorn zu stehen. So auch beim aktuell veröffentlichten Schuldenatlas 2013 der Wirtschaftsauskunftei Creditreform.
Der jährlich aktualisierte Schuldenatlas soll eine Landkarte unserer Republik zeichnen, anhand derer sich deutlich erkennen lässt, wo besonders viele Menschen überschuldet sind.
Doch was ist Überschuldung eigentlich? Laut Definition der Studienersteller ist es so:
Überschuldung liegt dann vor, wenn der Schuldner die Summe seiner fälligen Zahlungsverpflichtungen auch in absehbarer Zeit nicht begleichen kann und ihm zur Deckung seines Lebensunterhaltes weder Vermögen noch Kreditmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Oder kurz: Die zu leistenden Gesamtausgaben sind höher als die Einnahmen.
Deutschlandweit liegt die durchschnittliche Überschuldungsquote bei 9,81 aller volljährigen Privatpersonen. Das ist eine leichte Steigerung im Vergleich zum Vorjahr, da die Gesamtzahl der Überschuldeten mit den neuen Zensus gestützten Einwohnerzahlen ins Verhältnis gesetzt wurde. Bekanntlich sind die dort ermittelten Einwohnerzahlen deutlich niedriger als bisher angenommen, so dass viele Gemeinden Widerspruch gegen deren Erhebung eingelegt haben.
Und wie sieht es nun im Landkreis Bautzen aus? Da lag die Schuldnerquote bei nur 7,14%. Das ist ein guter Wert. Doch in der Stadt Bautzen sieht dies gänzlich anders aus: Hier gelten immerhin 9,81% aller Privatpersonen als überschuldet. Und in Hoyerswerda? Da sind immerhin noch 8,17% aller Privatpersonen als überschuldet eingestuft. Das sind immer noch sehr viele Menschen. Und doch, es sind deutlich weniger als in der Kreishauptstadt!
Doch woran sollte das liegen? Am starken Einwohnerverlust Hoyerswerdas? Vielleicht ein wenig. Denn meistens verlassen ja diejenigen unsere Stadt, die keine gut bezahlte Arbeit in der Region finden können. Damit mindert sich dann der Anteil der Menschen, die weniger einnehmen, als sie ausgeben. Doch eigentlich ist Hoyerswerda dennoch ein sozialer Brennpunkt mit einer nicht zu vernachlässigenden Anzahl an Menschen mit Problemen – auch finanzieller Art.
Aber auch die Forscher haben einen möglichen Erklärungsansatz dafür:
Die Schuldnerquoten in den Kernstädten liegen meist um mehr als zwei Prozentpunkte über dem Durchschnitt, in den weniger verdichteten Gebieten und in den ländlichen Regionen generell mehr als einen Prozentpunkt unter dem Durchschnitt.
In ländlichen weniger verdichteten Gebieten, wie es typischerweise das dörfliche Hoyerswerda ist … Halt nein. Das passt auch nicht so recht. Oder doch? Tatsächlich wurden in den vergangenen sehr viele Neubauten mit hoher Einwohnerdichte abgerissen und so die Besiedelungsstruktur in Hoyerswerda ein wenig entzerrt. Die Brennpunkte in unserer Stadt sind weniger geworden.
Diese Entwicklung zeigt auch die Statistik seit 2007:
Hier zeigt sich, dass die Schuldenquote in Hoyerswerda überdurchschnittlich um 25% abgenommen hat, während der Deutschlandtrend eine Abnahme um 10% belegt. Die Strukturveränderungen in unserer Stadt müssen also eine signifikaten Rolle spielen.
Das sind insgesamt betrachtet gute Nachrichten, wobei natürlich auch klar sein sollte, dass die Angaben der Creditreform ausschließlich widersprigeln, was in deren Datenbanken hinterlegt sind und das sind nunmal keine Angaben über Einnahmen und Ausgaben der Privatpersonen, sondern sogenannte Negativmerkmale über Personen. Dies können sein:
Die Negativmerkmale setzen sich zusammen aus den aktuell vorliegenden juristischen Sachverhalten (Daten aus den amtlichen Schuldnerverzeichnissen – früher: Haftanordnung und Eidesstattliche Versicherung – und Privatinsolvenzen), unstrittigen Inkasso-Fällen von Creditreform gegenüber Privatpersonen und nachhaltigen Zahlungsstörungen. Nachhaltige Zahlungsstörungen werden in einer Minimaldefinition abgegrenzt durch den Tatbestand von mindestens zwei, meist aber mehreren vergeblichen Mahnungen mehrerer Gläubiger.
Hui, das ist reichlich interpretierbar und eigentlich ist es ausschließlich Werbung für die Leistungen der Wirtschaftsauskunftei, die den potentiellen Firmenkunden signalisieren soll: Wir kennen die Schuldner und schützen Euch vor Zahlungsausfällen.
Und dennoch, der Trend dürfte aufgrund der Vielzahl der erhobenen Daten und der deutschlandweit gleichen Bedingungen dafür stimmen. Die Anzahl der als überschuldet geltenden Haushalte nimmt in Hoyerswerda stärker ab als im Bundesschnitt, liegt dennoch auf einem hohen Niveau, während es in der Kreishauptstadt da etwas düsterer aussieht. Hier darf Bautzen auch gerne mal vor Hoyerswerda liegen…