Das ist nun wirklich peinlich für die Stadt Hoyerswerda. Mit großem – auch finanziellem! – Aufwand wird da das 750. Stadtjubiläum in diesem Jahr beworben. Es wurde ein Festkomitee gegründet, Logo und Corporate Design in Auftrag gegegeben, zehntausende Broschüren und Programmhefte gedruckt. Doch zu feiern gibt es in diesem Jahr nichts. Zumindest nicht das 750. Stadtjubiläum. Hoyerswerda wurde eben nicht erstamls am 1. Mai 1268 urkundlich erwähnt, sondern bereits am 1. April 1259! Das war bekannt, doch Jubiläumsplanungen der DDR-Führung sollten den wahren Geburtstag unseres Hoyerswerda verschleiern!
Auf die Spur gebracht hat uns der ehemalige Museumsdirekt Karl-Hein Hempel. Bei einer Führung durch die Hoyerswerdaer Altstadt vor einigen Jahren sprach der Historiker zur Stadtgeschichte und überraschte die Reisegruppe mit den Worten: „Das Gründungsdatum von Hoyerswerda war zu DDR-Zeiten geheime Kommandosache“. Geheime Kommandosache – damit bezeichnete man in der DDR Staatsgeheimnisse von höchster Bedeutung, deren Geheimhaltung für die Sicherung der Grundlagen der DDR bzw. der sozialistischen Staatengemeinschaft entscheidend ist oder deren Offenbarung diese Grundlagen gefährden kann. Was war denn nun am tatsächlichen Gründungsdatum Hoyerswerdas so staatsgefährend? Schon mit der Planung zum großen Aufbau der Stadt Hoyerswerda als 2. sozialistische Wohnstadt war klar, dass das feudale Erbe keinen Platz im kollektiven Gedächtnis finden sollte, die Berlin-Krise spielte auch eine Rolle. Dennoch wurde in der Stadtverwaltung bereits 1958 mit vollem Eifer die 700-Jahr-Feier vorbereitet. Sogar die SED-Kreisleitung Hoyerswerdas war eingeweiht und hielt den Vorbereitungen den Rücken frei. Ausgerechnet Albert Stief, in Hoyerswerda über die SED-Kreisleitung zur SED-Bezirksleitung nach Cottbus aufgestiegen, spielte den Spitzel und meldete den „Umsturzversuch“ nach Berlin. In einer Nacht-und-Nebel-Aktion entschwirrte ein Kommando aus der fernen Hauptstadt in die „Uhruheprovinz“. Die Planungen wurden eingestampft. Des Nachts wurde sogar ins Stadtarchiv im Stadtschloss eingebrochen und die Teilungsukrunde des Markgrafen von Brandenburg dezent „nachbearbeitet“. Da sich diese Urkunde auch auf andere bekannte und zeitlich eingeordnete Urkunden berief, war das spätestmögliche Datum ein Tag im Jahr 1268. Und schwupps wurde Hoyerswerda über Nacht neun Jahre jünger.
Natürlich wussten Insider Bescheid, doch das ist jetzt auch schon wieder satte sechzig Jahre her und die Zeitzeugen sterben aus! Wenn Hoyerswerda in diesem Jahr also großspurig seinen 750. Jahrestag begehen möchte, dann ist es doch eigentlich mindestens der 759. Geburtstag – und eigentlich ist die Geschichte der Besiedlung des Landfleckens namens Hoyerswerda wohl noch einige Jahre älter…