HoyWoy’s Rückzug ins Private

HoyWoy's Rückzug ins Private. Warum mehr "junge Leute" Kleingärtner werden...

HoyWoy's Rückzug ins Private. Warum mehr "junge Leute" Kleingärtner werden...

Hoyerswerdas Verband der Kleingärtner konnte am vergangenen Freitag auf seiner Mitgliederversammlung positive Tendenzen vermelden: Es in den vergangenen Jahren konnten wieder mehr „junge“ Kleingärtner in den 73 Gartensparten mit ihren etwa 4000 Kleingärten im Stadtgebiet begrüßen. Auch seien derzeit nur wenige Parzellen in diesen Sparten frei – als ich diesen Artikel verfasst habe, waren es exakt 24.


Ja, das ist wirklich beachtlich. Schließlich hat ja Hoyerswerdas Einwohnerzahl seit den Wendewirren erheblich abgenommen. Waren es in den Achtziger Jahren über 70.000 Einwohner im Kerngebiet, sind nun nur noch knapp 40.000 Einwohner in Hoyerswerda plus allen Eingemeindungen. Rechnet man die zirka 5.000 Einwohner aus unseren Gemeinden ab, landen wir nur noch schwupp-diwupp bei weniger als 35.000 Einwohner – das ist ein Rückgang um mehr als 50%. Das schlägt sich freilich allerorten durch. Siehe Lausitzhalle, die Schulschließungen, massiven „Rückbauten“ – so bezeichnet man ja in Hoyerswerda da großteils planlose massenhafte Abreißen in jungen Wohngebieten, um Stadtzentrum und Altstadt künstlich durch Zuzüge zu stärken – und so weiter. Die Einzigen, die scheinbar keine gravierenden Probleme mit den demographischen Veränderungen hatten, sind die Kleingärtner. Bisher! Denn auch bei hier merkt man deutlich, dass die Stadt älter wird. Und so befürchtet Verbandschef Reinhard Klekar, dass man für die kommenden Jahre „…durchaus mit nehr Leerständen in den einzelnen Sparten rechnen muss.“ Der derzeitige Altersschnitt liege demnach bei 68 Jahren. Das ist natürlich dramatsich. Das kann die Strukturen der Kleingärtner innerhalb weniger Jahre komplett umkrempeln. Da kommt der Zuwachs an „jungen Leuten“ doch gerade recht?

Zunächst einmal wäre interessant zu erfahren, was der Verband unter „jungen Leuten“ versteht. Augenscheinlich sind hier junge Familien und ALGII-Empfänger (HARTZ IV) gemeint. Die bringen Leben in die Gartenanlagen. Oft genug aber auch mehr, als den gesetzteren Damen und Herren lieb und recht ist. Und so hörte man in den vergangenen Jahren schon oft vom Ärger, den solche Neulinge in den Gartensparten verursacht haben durch laute Musik, Parties, ständiges Grillen oder eben einfach nur pure Untätigkeit, weil sie den Garten als Oase der Entspannung begreifen. Ein Generationenkonflikt, wie ihn jüngere Leute in Hoyerswerda oft erleben. Und dennoch wollen sich jetzt Viele das Glück im Garten gönnen. Warum?

Dafür gibt es einige Erklärungsansätze und ich kann nicht behaupten, dass ich empirisch beweisen kann, woher der „Trend“ kommt. Ich denke, eine große Rolle spielt, dass die große Abwanderungswelle aus Hoyerswerda langsam abgeebbt ist. Man richtet sich ein. Wer weg wollte und konnte, ist bereits weg. Einige stehen noch in den Startlöchern und werden sicherlich nach Abriss ihrer altvertrauten Wohnungen ihrer Heimat den Rücken kehren und ja auch bei den Schulabgängern wird jährlich weiterhin ein Aderlass stattfinden. Aber die, die noch da sind – so ab 20 aufwärts, die werden meist bleiben. Haben oft schon Familien gegründet, die Geburtenrate stabilisiert sich langsam. Und diese wollen dann eben zu ihren gemieteten vier Wänden auch ein bisschen privates Glück im Grünen haben. Was liegt da näher, als die günstige Schrebergärten direkt vor der Haustür zu nutzen? Zum anderen ist der „Rückzug ins Private“ auch ein typisches Verhalten, wenn man von der Gesellschaft keine Lösungen für Probleme mehr erwartet. Man achtet mehr auf seine individuellen Sorgen und kümmert sich um seine eigene Familie. Das ist für die gewachsenen Gemeinschaften natürlich Sprengstoff. Bisher lebte man stets miteinander, unterhielt sich über den Gartenzaun, lobte und kritisierte Nachbarn für ihre schicken Blumenrabatten und traf sich gemeinsam zum Grillen in einem Garten.

Doch solche Probleme sind lösbar. Dazu müssen aber eben nicht nur die so dringend benötigten „jungen Leute“ sich anpassen, da müssen auch die Alteingesessenen einen Schritt auf die Neupächter zukommen, aber sich auch einfach mal zurücknehmen und nicht sofort „meckern“ und „klugscheißen“. Mit ein wenig mehr Verständnis auf beiden Seiten und gemeinsamen Aktivitäten – wie Pflege des Weges, Streichen der Eingangstore und Errichtung neuer Parkplätze – werden sich die Gartensparten langsam ein wenig mehr verjüngen. Und dennoch wird der Leerstand wachsen. Da müssen die Gartengemeinschaften kreativ mit den Freiflächen umgehen. Vielleicht sollte man leere Flächen zusammenfassen und – sofern rechtlich möglich – als große Gärten anbieten oder für Schulen und Kindergärten als Erlebnisgärten freigeben. Gemeinsam sollten die Gartensparten überlegen, ob man für die Kinder der Jungen Freiflächen für Spielplätze nutzt. Vielleicht helfen solche Denkanstöße ein wenig, dass die Kleingärtner auch in Zukunft von massivem „Rückbau“ ausgenommen sind.

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