Die S-Bahn Mitteldeutschland verkündet es mit Freude auf Ihren Internetseiten und zählt schon jetzt die Tage bis zum Startschuss (sind ja nur noch die Kleinigkeit von 1153 Tagen…): Ab dem 8. Dezember 2013 wird es ein ganz Mitteldeutschland umfassendes S-Bahn-Netz geben. Über den Verkehrsknotenpunkt Leipzig reichen deren Ausläufer bis hin nach Halle, Bitterfeld, Zwickau, Geithain, Oschatz und Hoyerswerda.
HOYERSWERDA???
Ja, lange gefordert – und auch ich halte die Einbindung Hoyerswerdas in ein S-Bahn-System für sinnvoll – soll es nun Realität werden. Grund dafür ist eine europaweite Ausschreibung des Zweckverband Nahverkehrsraum Leipzig (ZVNL) zur Betreibung eben dieses S-Bahn-Netzes, das durch den neuen Leipziger City-Tunnel fahren soll. Am Ende hat sich die neu gegründete Deutsche Bahn Tochter S-Bahn Mitteldeutschland gegen die Mitkonkurrenten durchgesetzt. Ausschlaggebend waren neben der Kosteneffizienz – diese möchte man offensichtlich unter anderem durch die noch fehlende Tarifbindung dieser neuen Gesellschaft erreichen – wohl auch die Faktoren Service und Fahrzeugflotte.
In letztere investiert die Bahn nach eigenen Angaben zirka 200 Millionen Euro. Dafür werden insgesamt 51 moderne Talent II-Triebwagen von Bombardier beschafft, die übrigens in Henningsdorf gebaut werden. Die Elektro-Züge sollen sich großzügige Fensterbänder auszeichnen, bieten angenehme aber vandalensichere Sitzplätze (je nach Zug zwischen 150 und 200) und schonen auch noch die Umwelt. Serviceseitig werden auf allen Zügen wieder Zugbegleiter eingesetzt, die auch im Zug Fahrkarten verkaufen – wenn man bedenkt, dass gerade diese Art von Service seit Jahren durch die Bahn abgeschafft wird, ist das eine erfreuliche Entwicklung. Des Weiteren sollen Tickets auch über Handy und Internet buchbar sein. Ein Fahrgastinformationssystem (Marketingwischwasch für Monitore, die die nächsten Halte anzeigen und ab und an ein S-Bahn-„Fernseh“programm anbieten) soll den Reisenden auf dem Laufenden halten. Ob Hoyerswerda eine der geplanten Mobilitätszentralen (S-Punkt) abbekommt, ist eher fraglich. Körperbehinderte können nach kurzer Voranmeldung (ab 30 Minuten im Voraus) darauf bauen, dass Sie die Züge ebenfalls unter tätiger Mithilfe der Zugbegleiter nutzen können. Alles ohne Frage gute Dinge und wichtig, dass es im 12-Jahres-Vertrag fixiert wurde. Andererseits ist das auch der Service, den man als Fahrgast erwarten können muss. Die Bahn muss besser sein, als das Auto und das erreicht sie nicht nur durch kürzere Fahrzeiten und bequeme Züge, sondern auch durch einen persönlichen Service um Fahrgäste buhlen.
Die S-Bahnlinie S4 verkehrt dann von Hoyerswerda über die Stationen Schwarzkollm, Lauta, Hosena, Ruhland, Lauchhammer, Plessa, Elsterwerda-Biehla, Bad Liebenwerda, Falkenberg (Elster), Rehfeld, Beilrode, Torgau, Mockrehna, Doberschütz, Eilenburg Ost, Jesewitz, Pönitz, Taucha, Leipzig Heiterblick, Leipzig Thekla, Leipzig Mockau-Süd, Leipzig Theresienstraße, Leipzig Hauptbahnhof (bis zur Semmelweisstraße im Tunnel), Leipzig Markt, Leipzig Wilhelm-Leuschner-Platz, Leipzig Bayerischer Bahnhof, Leipzig Semmelweisstraße, Leipzig Connewitz, Markkleeberg Nord, Markkleeberg, Markkleeberg Großstädtln, Gaschwitz, Großdeuben, Böhlen, Böhlen Werke, Neukieritzsch, Lobstädt, Borna, Petergrube, Neukrichen-Whyra, Frohburg bis zum Endhalt Geithain.
Doch auch das auf den ersten Blick schönste Angebot kann blenden. Denn die tatsächliche Verbesserung für Fahrgäste aus Hoyerswerda ist eher marginal. Der bisherige Regionalexpress 11 nach Leipzig verkehrt im 2-Stundentakt. Und die neue S-Bahn? Ja, wie soll ich das jetzt sagen, auch die fährt nur alle 2 Stunden. Zumindest zwischen Hoyerswerda und Torgau. Im Verkehrskonzept des ZVNL ist die Linie S4 folgendermaßen geplant:
Hoyerswerda – Falkenberg – Torgau – Taucha – CTL – Borna – Geithain
(120-Minuten-Takt zwischen Hoyerswerda und Torgau)
(60-Minuten-Takt zwischen Torgau und Eilenburg)
(30-Minuten-Takt in der HVZ zwischen Eilenburg und Taucha)
(30-Minuten-Takt zwischen Taucha und Borna)
(60-Minuten-Takt zwischen Borna und Geithain)
Wobei wenn man genau hinschaut, sieht man die Unterschiede doch. Bisher gab es laut Kursbuch durchschnittlich 8,5 Fahrten pro Tag, ab 2013 werden es ganze 9 Fahrten je Richtung und Tag sein. Der einzige Vorteil für Hoyerswerda ist also außer der halben zusätzlichen Fahrt, der bessere Service im Zug und die vielen zusätzlichen Halte, die ohne Umstieg möglich werden. Ein bisschen mager. Aber vielleicht auch ein Anstoß für den in der Region Hoyerswerda zuständigen Verkehrverbund Oberelbe (VVO), wie man den Verkehr von Hoyerswerda nach Dresden (auch als S-Bahn wäre sicher eine gute Idee) und Zittau verbessern könnte.
Generell muss ich aber wieder einmal kritisieren, dass das Henne-Ei-Problem nicht behoben wird: Weil die Nutzung der Bahnangebote über Hoyerswerda so schlecht sei, könne man eben nicht mehr Verbindungen anbieten. Doch das ist genau der falsche Ansatz. Hier müssen die Verkehrsverbünde mal einige Jahre in Vorleistung gehen und leistungsfähige, regelmäßige Zugverbindungen anbieten. In den Hauptverkehrszeiten muss ein halbstündiger Takt möglich sein, in den Nebenzeiten würden stündliche Relationen das Angebot massiv aufwerten. Und ein derart attraktiver Nahverkehr, der überzeugt dann auch viele Berufspendler und Ausflügler davon, auf die Schiene umzusteigen.
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[…] Alle Details zum S-Bahn-Anschluss hatte ich schon im vergangenen Jahr aufgeschrieben. […]
[…] an. Welchem Zweck kann das Empfangsgebäude dienen, der die Betreibung des Bahnhofes – immerhin ab Dezember ja auch S-Bahn-Station für die S-Bahn Mitteldeutschland gen Leipzig – auch langfristig profitabel ermöglichen […]