Hoyerswerda und die Hetzer!

Hoyerswerda und die Hetzer!

Hoyerswerda und die Hetzer!

Seit wenigen Tagen sind die ersten Asylbewerber im neuen Asylbewerberheim in Hoyerswerda eingetroffen. Und auch, wenn die Medien etwas anderes behaupten, es sind keineswegs die ersten Asylbewerber seit 1991, die hier untergebracht werden. Spätestens seit 1994 sind in Hoyerswerda regelmäßig Asylbewerber untergebracht worden, einige sind sogar geblieben und fester Teil der Stadt geworden! Doch aufgehetzt werden viele eher von einer vermeintlich neutralen Facebook-Plattform „anständiger Bürger“.

Ein kleiner Auszug der "Nein zum Heim"-Seiten bei Facebook. Es gibt noch unzählige weitere.

Ein kleiner Auszug der „Nein zum Heim“-Seiten bei Facebook. Es gibt noch unzählige weitere.

Die Seite „Nein zum Heim in Hoyerswerda“ reiht sich ein in eine Phalanx von dutzenden gleich gemachten Facebook-Gemeinschaften. Die meisten haben sogar das gleiche Logo verwendet. Hier mal ein beispielhafter Auszug, es gibt noch viel mehr davon:

Diese Flut an Seiten suggeriert, dass es ein Bürgeraufstand gegen die Asylpolitik in Deutschland ist. Doch es ist keinesfalls ein spontaner Ausbruch von Wut. Es ist vielmehr eine gut orchestrierte Aktion, die mit großer Wahrscheinlichkeit eine Nähe zur NPD hat. Wer sich auf diesen Seiten umschaut, wird diese Nähe nur schwer übersehen können. Immer wieder werden Bilder der NPD geteilt, wird mittlerweile weniger verdeckt dafür geworben, bei der Europawahl doch sein Kreuzchen ganz rechts zu machen.

Und in diesen Kampf um Aufmerksamkeit ist nun auch Hoyerswerda geraten. Unsere Heimatstadt gilt wahlweise als Symbol für eine „ausländerfreie“ Stadt oder auch als erster „Sieg für die Deutschen“. Weder das Eine noch das Andere ist richtig. Doch das interessiert nicht. Wir wissen, dass Hoyerswerda nie ausländerfrei war, weder 1991/92, noch 2013. Und es war keineswegs ein „Sieg“, sondern die größte Niederlage für unsere Stadt, die erst das massive Schrumpfen Hoyerswerdas begründet hat. Die Wirtschaftsförderer erinnern sich mit Grausen an hunderte Gespräche mit großen Firmen, denen es die Infrastruktur und die gut ausgebildeten Menschen in unserer Region sehr angetan hatten, die aber ausschließlich aufgrund des negativen Rufs unserer Stadt Abstand von Investitionen nahmen. Dieses Nachwirken ließ in den vergangenen Jahren nach, doch nun wird die ganze Soße wieder und wieder über der Stadt ausgekippt.

Die Nein zum Heim-Seite für Hoyerswerda hat derzeit über 2000 „Liker“, eine Zahl, die ziemlich wenig aussagt. Denn unter den Facebook-Freunden befinden sich ziemlich viele Menschen, die augenscheinlich nicht aus Hoyerswerda stammen, die Kader der NPD und anderer rechter Vereinigungen aus dem ganzen Bundesgebiet sind. Und doch sind bestimmt zwei Drittel der „Freunde“ auf die eine oder andere Art mit der Stadt verbunden. Und die Interaktion auf der Nein-Seite ist auch recht hoch, die meisten Beiträge werden sehr intensiv mit „Gefällt mir“ markiert, geteilt und auch kommentiert.

Aber was bewegt die vielen Hoyerswerdaer dazu, eine stramm menschenfeindliche Seite mit „Gefällt mir“ zu markieren? Sind das  Fremdenfeinde, Nazis? Auch hier gilt: Sowohl als auch. Natürlich lässt sich im Internet sehr unverhohlen den platten Parolen nachjagen, die so scheinbar einfache Lösungen hervorbringen (Ausländer raus = keine Probleme). Aber es finden sich auch Unterstützer, die der Meinung sind, dass man das doch mal sagen können dürfe, dass man gegen das „Asylantenheim“ sei. Hoyerswerda habe doch schon genügend Probleme und brauche sich nicht noch weitere in die Stadt zu holen.

Doch das ist zu kurz gedacht. Jeder, der diese Seite unterstützt, hetzt gegen die Asylbewerber aber in viel stärkerem Maße gegen die eigene Stadt. Denn der Schaden, der entsteht, ist enorm. Aber wie funktioniert das eigentlich mit der Hetze?

Da werden dann Gerüchte mit bösen Lügen und noch böserer Polemik vermischt und gepostet. Darunter finden sich dann stets dutzende sehr abstoßende Kommentare, die vermuten lassen, dass die Zivilisation noch nicht bei allen Menschen angekommen ist.

Das beste oder ehrlich gesagt schlechteste Beispiel lieferten die Hetzer am vergangenen Freitag ab. Da verbreiteten sie diese „Eilmeldung“:

Diese "Eilmeldung" brauchte die Facebook-Seite "Nein zum Heim in Hoyerswerda" am 7. Februar.

Diese „Eilmeldung“ brauchte die Facebook-Seite „Nein zum Heim in Hoyerswerda“ am 7. Februar.

Aha, dunkelhäutige Menschen rufen „Fuck Germany“ auf dem Lausitzer Platz, der seit Jahren fest in der Hand der rechten Szene ist. Und die Polizei war also auch vor Ort! Darunter finden sich dann etliche sehr primitive Kommentare. Beispiele gefällig? Festhalten und Anschnallen:

Ein Wittichenauer postet: „hoffentlich hoy wehrt sich bald das die wieder weg kommen.“

Ein Hoyerswerdaer postet: „Fuck Germany….??? Am Arsch….Ticket besorgen und ab dafür…..sind meine Steuergelder die se verbrenn……“

Ein Hoyerswerdaer schreibt: „Da müssen wir wohl nochmal mit unserem OB. SPRECHEN, das es keine verheimlichungen gegenüber den Bürgern aus Hoy gibt, und sollten es Leute aus dem Heim gewesen sein sie gleich mit konsequentzen rechnen müssen ,indem Sie sofort der Stadt verwiesen werden, entweder miteinander oder gegeneinander.“

Ein weiterer: „Es wird langsam zeit für Gegenwehr! So kann es nicht mehr weiter gehen.“

Und hier: „Wir hörn es tag täglich aus anderen städten sie machen stunk und wolln das deutsche volk provoziern,geld wolln sie weder hier dafür arbeiten noch sich intigriern die politiker scheissen auf das volk,verräter am volk grüne,linke und spd alles unzumutbar volk erwache!!!“

Ein Zschopauer: „Und wer macht nun aktiv was dagegen? Oder reden wieder alle nur?? Solange keiner aktiv was macht und denen von oben richtig Druck macht passiert nämlich gar nichts!!“

Ein Hallenser: „Solange wir deutschen nicht auf die Straße gehen und unseren Gedanken in einer demo freien lauf lassen wird sich nie was ändern.“

Ein Hoyerswerdaer: „Die Geschichte wird sich wiederholen wenn es soweitergeht und die Regierung nix daraus lernt.1991 war ein gutes Jahr in Hoyerswerda“

Die Hetzmaschine läuft auf Hochtouren und solche „Beweise“ sind der Anlass dafür. Doch was ist da eigentlich passiert? Am Montag haben wir bei Anwohnern des vermeintlichen Tatorts nachgefragt. Niemand will etwas gesehen oder gehört haben. Gut, will ja auch nicht jeder antworten. Aber was sagt eigentlich die Polizei, die soll ja vor Ort gewesen sein. Die Antwort der Polizeidirektion Görlitz ist eindeutig. Polizeikommissar André Schäfer sagt:

In den polizeilichen Einsatzprotokollen ist kein Einsatz am 7. Februar 2014 auf dem Lausitzer Platz in Hoyerswerda vermerkt. Auch eine Ruhestörung wurde dort an diesem Tag nicht gemeldet.

Also, kein Anwohner will etwas gehört haben. Es gab keinen Polizeieinsatz und es wurde auch keine Ruhestörung gemeldet. Damit ist die Meldung nichts anderes als eine ekelhafte Lüge. Es sind Brunnenvergifter unterwegs, deren einziges Ziel es ist, Unruhe in die Stadt Hoyerswerda zu tragen. Was sie erreichen? Dass Menschen, die in Not Zuflucht suchen, traumatisiert werden. Dass elementare Grundrechte – die Grundfesten unserer Gesellschaft! – negiert werden. Dass Menschen Menschen hassen! Und dass das Ansehen unserer Stadt in den Dreck gezogen wird. Alles nach dem Motto: „Der Ruf der Stadt ist tot, pissen wir noch einmal auf sein Grab!“

Besonders ekelhaft wird es dann da, wo ausländisch oder fremd aussehende Menschen vorgeführt und lächerlich gemacht werden. So geschehen am letzten Donnerstag. Da wird ein Foto von einem indisch aussehenden Mann am Busbahnhof in der Altstadt gepostet und damit die Richtung von Anfang an stimmt, steht im Posting „Lieber deutsche Kinder als hausierende Inder!“ Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: Natürlich sind nur deutsche Kinder besser! Und natürlich ist der Mann, der den Busfahrplan liest einer, der hausieren geht! Logisch, dass die Kommentare auch schnell passend sind.

Posting der Nwein zum Heim-Seite am 6. Februar.

Posting der Nein zum Heim-Seite am 6. Februar.

Aber was ist denn eigentlich so schlimm daran? Es wollen doch so viele Menschen die Asylanten nicht hier haben, oder? Die große Mehrheit in Hoyerswerda schweigt, weil es ihr am Arsch vorbei geht, weil sie andere Probleme hat, weil sie nichts dagegen hat, dass Menschen in Not geholfen wird oder auch weil sie sich nicht „trauen“, sich als Menschenfeinde zu outen.

Was ist so schlimm daran, wenn der Ruf im Arsch ist? Ähm, es gibt in der Region dutzende Betriebe, die auf den Tourismus im werdenden Lausitzer Seenland hoffen. Hoyerswerda ist kürzlich erst als Sitz des Tourismusverbandes bestimmt worden. Die Hotel- und Beherbergungsbetriebe sind zwingend auf Gäste angewiesen. Gäste aus aller Welt! Aktuell werden mehr als 20% aller Übernachtungen in Beherbergungsstätten (Hotels, Pensionen, Gästewohnungen) in Hoyerswerda von Menschen aus dem Ausland gebucht. Das ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, der wächst. Viele Menschen haben ihr gesamtes Vermögen in die Zukunft des Seenlandes investiert und die kleine Frucht gedieh. Bis jetzt.

Es ist hier ganz deutlich zu sagen, dass Jeder, der diese Seite unterstützt, kräftig daran mitwirkt, dass unsere Stadt auch in weiteren 20 Jahren als Nazinest gilt, dass kaum ein Investor hier investieren will, dass der Tourismus sich nicht entfalten kann, dass Hetze und Menschenfeindlichkeit sich verbreiten und das Klima in der Stadt nachhaltig vergiftet wird. Hoyerswerda und die Hetzer – wollen wir das?

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  1. […] Zwei große Themen sind auch weiterhin bei der Stadt verhaftet: Die enorme Abwanderung der vor allem gut Qualifizierten ist ein massives Problem für die Wirtschaft. Unternehmer wie YADOS sind nicht mehr in der Lage, die benötigten Arbeitskräfte in Hoyerswerda zu finden. Hier muss die Stadt mit einer Willkommens- und Rückkehrkultur dafür sorgen, dass die Stadt nicht weiter schrumpft und dass wir Hoyerswerdaer wieder zurück holen! Und zum Stadtimage? Ja, was will man dazu sagen? Das Jahr 1991 und die fehlende Aufklärungen und Verarbeitung sind Dreh- und Angelpunkt der Misere! Benennt Ross und Reiter! Gebt Fehler offen zu! Einige kleinere Schritte sind in den letzten Jahren durch Druck von Außen geschehen. Auch der Umgang mit dem neuen Asylbewerberheim zeigt, dass sich viel getan hat, dennoch gibt es auch heute noch genügend Menschen, denen die Stadt am Arsch vorbeigeht und die nur zu gern …. […]

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