Generalstaatsanwaltschaft dementiert Internet-Gerüchte: Nein, in Hoyerswerda wurde kein Terrorverdächtiger festgenommen!“

Das Internet ist ein toller Ort, an dem man neben vielen anderen Dingen auch stets das Neueste erfährt. Hier stehen schon oft Neuigkeiten, noch bevor sie erst am Folgetag in der Zeitung zu finden sind. Und auch Meinungen oder Meldungen, die es nicht in die örtlichen Medien schaffen, haben hier Platz. Hellhörig wurden wir gestern Abend, als TAG24 einen Beitrag über einen Indischen Asylbewerber veröffentlichte, bei dem die Polizei ein Hausverbot durchsetzte. Der offensichtlich verwirrte Mann wurde vorübergehend in Polizeigewahrsam genommen. Darunter entspannen sich die erwartbaren und immer wieder gleichen Diskussionen. Ein Beitrag einer Nutzerin war aber anders:


Ein Terrorverdächtiger in Hoyerswerda? Das wäre schon eine ganz besondere Meldung und bisher hat noch niemand darüber berichtet? Kann doch Nichtsein! Die weiteren szenetypischen Ausschmückungen mal außen vor gelassen, ist das ziemlich interessant, aber wohl nur daher gesagt, oder? Andere Facebook-Nutzer hakten nach (Nachrichtenverlauf weiter unten). Denn regelmäßig Halal-Essen von der Tanke ist nicht sehr wahrscheinlich. Später ändert die Nutzerin ihren Ursprungsbeitrag ein wenig:

Hier ist nun die Info mit der Tankstelle gleich eingearbeitet und die Wortwahl  ein wenig nachgebessert. Auch das abschließende Statement ist nun sarkastisch ausgeschmückt. Weiter unten stand, das dies nachweislich wenigstens am letzten Sonntag so gewesen sein.

Aber nochmal: Wenn das stimmt, dann ist das eine wichtige Meldung und die Informationen könnten so ja vielleicht stimmen. Also bei der Polizei nachgehakt. Die Antwort in diesem Fall kommt dann jedoch nicht von der Polizei, sondern von der zuständigen Generalstaatsanwaltschaft. Demnach wurde am 31.5. bei einer Personenkontrolle zufällig ein syrischer Staatsbürger aufgegriffen, der im Fahndungssystem zur Festnahme ausgeschrieben war. Gegen ihn hat Frankreich einen Europäischen Haftbefehl ausgestellt. Allerdings keineswegs wegen Terrorverdacht oder ähnlichem, sondern wegen eines Falls Häuslicher Gewalt. Der Syrer wurde daher in Polizeigewahrsam genommen. Ob er dort mit Halal-Speisen verköstigt wurde, entzieht sich der Kenntnis der Staatsanwaltschaft. Schon am 1.6. wurde der Arrestant dann dem Ermittlungsrichter vorgeführt und am gleichen Tag noch in die JVA Görlitz verbracht. Die Generalstaatsanwaltschaft fügte hinzu, dass es sich hierbei um einen relativ häufig vorkommenden Standardfall handelt, es sei nicht ungewöhnlich, dass Europäische Haftbefehle durch den „Kommissar Zufall“ vollstreckt werden, die Personen dann in Gewahrsam genommen werden und im Regelfall innerhalb weniger Tageausgeliefert werden.

Zusammengefasst: Ja, es wurde ein Syrer verhaftet, gegen den ein Europäischer Haftbefahl zur Auslieferung nach Frankreich vorliegt. Nein, es ist kein Terrorverdächtiger, er nächtigte auch nicht mehrere Tage auf dem Polizeirevier. Dass man ihn nicht hat hungern lassen, sollte eine Selbstverständlichkeit in unserem Staat sein. In der Vergangenheit wurden beispielsweise Tatverdächtige einer rechtsextremen Gewalttat auf Wunsch mit leckeren (?) Speisen vom Amerikanischen Fastfood-Tempel mit dem goldenen M versorgt, ohne dass es einen Aufschrei gab.

Aber wie kam das nun mit dem Terrorverdacht zu Stande? Das ließ sich nicht klären. Die Vermutung liegt nahe, dass diese Information von Polizisten stammt, da im Fahndungssystem eben nicht der Grund für den Haftbefehl aufgeführt sei und es durch aktuelle Meldungen aus den Europäischen Staaten für den Einen oder Anderen plausibel sein könnte, dass Syrer (oder Ägypter, Tunesier …) ja nur Terroristen sein können. Wie gesagt: Dem ist definitiv nicht so.

Und eine Meldung wie diese ist der Grund, warum wir Journalismus brauchen: Eine Behauptung wird aufgeschnappt, aber nicht sofort ungeprüft weitergegeben, sondern geprüft. Zum Beispiel direkt über die Polizei, über Asylbetreuer, die möglicherweise davon Kenntnis haben könnten. In so aufgeregten Zeiten sollten wir Alle ein Bisschen runter kommen, durchatmen und gut überlegen, ob ungeprüfte Gerüchte wild geteilt werden sollten.

 

DOKUMENTATION:
Hier noch die Antworten auf den Post, woraufhin dann Änderungen am Ursprungspost vorgenommen wurden.

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