Der Hoyerswerdaer Zoo ist schön. Aber eben leider auch schon schön alt. Seit Jahren wird geredet, dass man doch mal Geld in die Hand nehmen und „was machen“ müsste. Nur was? Und wer soll das bezahlen? Das wollte die Stadt auch endlich mal genau wissen und beauftragte einen Zooplaner mit der Erarbeitung eines Zooentwicklungskonzeptes. Diesem soll nun am Dienstag der Stadtrat zustimmen.
Die anerkannten Tiergartengestalter Wiesenthal aus Gleichen-Bremke haben schon Konzepte für erfolgreiche Institutionen wie die Zoo Leipzig, Zoo Dortmund oder den Vogelpark Walsrode erstellt. Und nun eben auch für den Zoo Hoyerswerda. Dieses Konzept soll morgen im Stadtrat beschlossen werden. Es lohnt sich aber eben immer auch ein zweiter Blick in die genauen Unterlagen – die glücklicherweise im tollen Ratsinformationssystem der Stadt Hoyerswerda auch für alle Interessierten zugänglich sind.
Das Zookonzept hat grob gesagt die folgenden Grundaussagen:
- Der Zoo muss Besonderheiten herausstellen, die andere nicht haben. Quasi einen USP (unique selling proposition).
- Die Wegeführung ist schlecht und muss verbessert werden.
- Ein Teil der Gehege entspricht nicht mehr einer zeitgemäßen Tierhaltung und muss dringend erneuert werden. Ein weiterer Teil ist zwar tierhalterisch in Ordnung, sollte aber aus Besucheraspekten angepasst werden.
- Der Zoo muss eigenständiger werden, soll also privatisiert werden.
- Das Zoorestaurant braucht einen separaten Eingang, um wirtschaftlich (also nach den Zooöffnungszeiten) betrieben werden zu können.
- Die Bedingungen für die Pfleger müssen verbessert werden.
Das soll durch die Umsetzung des neuen Konzept erreicht werden.
Los geht es schon beim Eingang im Jahr 2014/15. Der soll in Zukunft über das Schloss geschehen, dadurch lässt sich auch das viel zu wenig besuchte Museum im Schloss leichter einbinden (ja, auch heute gibt es schon Kombikarten, aber die nutzt kaum jemand). Der neu gebaute Eingang soll dann nur noch Ausgang sein. Die Umbauarbeiten am Schloss würden laut Plan 90.000 € kosten, dazu kommen noch einmal 60.000 € für die Brücke vom Schloss über den Schlossgraben hinein in den Zoo. Der Rückbau des alten Eingangsbereiches in einen Ausgang schlägt noch einmal mit 25.000 € zu Buche. Das ist natürlich ein Paradoxon, dass man erst für viel Geld (und mit Fördermitteln) einen neuen Eingangsbereich gestaltet, um ihn dann wenige Jahre später in einen Ausgang umzufunktionieren… hier sollte man sicherstellen, dass nicht eventuell Fördermittel zurückgezahlt werden müssten.
Aber auch bei den Tiergehegen soll es gravierende Änderungen geben. Der Zoo soll grob in drei Zonen eingeteilt werden. Zentral gelegen befindet sich der Themenbereich „Afrika – Traum von Wildnis“. Da sollen alle Tierarten aus Afrika platziert werden, vom Eingang im Schloss bis hin zum Zoorestaurant Jambo. Highlight würde die Löwensavanne werden, wo die Besucher endlich eine gitterfreie Sicht auf die „Könige“ vor dem Schloss hätten. Das passt zusammen! Die Afrikasavanne kann dann vom Hochsteg aus erkundet werden. Da, wo heute noch die triste Bärenanlage steht, könnten dann Affen ihre Heimat finden. Der nächste Bereich soll “ Die Lausitz – Refugium unserer heimischen Tiere“ lauten. Das ist der Bereich vom alten Zooeingang bis hin zum Schloss. Während am alten Zooeingang das neue Wolfsgehege (wie man von dort aus den „Blick auf heulende Wölfe vor dem Schloss“ erhaschen soll, wie es im Konzept steht, ist fraglich) Platz finden soll, bleiben Fischotter, Adler und Bär dem Zoo erhalten, bekommen aber zum Teil neue Lebensräume. Der hintere Bereich soll der Mischmasch-Komplex „Weltweite Farbenpracht oder natürliche Kunst? – Asien, Australien, Amerika“ werden. Hughlight könnte die begehbare Känguruh-Anlage werden. Besonderer Wert soll hierbei auf die Skulputuren und Farbenspiele gelegt werden. Diese Farbenspiele soll das neue Alleinstellungsmerkmal des Zoos werden. Also warum in der Natur welche Farben vorkommen, welche Funktion sie haben und wie es in der Kunst aussieht. Gut, kann man machen, stelle ich mir aber (im wahrsten Sinne des Wortes) tierisch langweilig vor. Die Kinder- und Jugendfarm soll besser in den Zoo eingebunden werden, so kostet z.B. die Erweiterung des Kassensystems um die Jugendfarm 15.000 € und soll bereits angedacht sein, einige Haustiere aus dem Zoo in die Farm zu überführen. Zentraler Punkt im Konzept ist der Neubau des Wirtschaftshofes, die vielen verteilten Standorte soll es nicht mehr geben. Hierfür sind immerhin 825.000 € eingeplant.
Das ist ganz schön viel, was die Zooplaner erreichen wollen. Grob gesagt sollen größere Tiergehege geschaffen werden, die dazu noch viel besser einsehbar sind, zu Teilen ohne störende Gitter. Dieses wird aber vor allem zu Lasten der Vielfalt gehen. Ich sehe auch keine Lösung für die vielen Vogelkäfige am Rand des Zoos, konsequent gedacht, würden diese alle wegfallen. Es ist im Plan nur vorgesehen, Sittiche, Kakadu und Lachender Hans in der Kanguruhanlage unterzubringen, Nandus und Maras im eigenen Haus und die Papageien im Schildkrötenhaus unterzubringen. Die Haustiere werden in die Kinder- und Jugendfarm „abgeschoben“. Doch die Attraktivität wird durch die spannenden neuen Freigehege deutlich gesteigert. Das steht außer Frage. Was das Kunstkonzept mit dem „Alleinstellungsmerkmal“ Farbenspiele bewirken soll, wissen wohl nur die Planer, es würde sich aber gut ins Marketingkonzept der Stadt eingliedern, in dem man sich als Kunst- und Kulturstadt darstellen will. Großes Manko ist in meinen Augen auch, dass Forschung und Zucht nicht mehr im Zentrum stehen.
Doch nun mal Butter bei die Fische. Der Spaß kostet ja auch was, oder? Der veröffentlichte Investitionsplan gibt darüber Aufschluss. Es geht um die Kleinigkeit von 11.947.400 € bis zum Jahr 2022. Uff! Ein ganz schön dickes Ding, was die da drehen wollen. Außerdem soll das Ziel erreicht werden, die städtischen Zuschüssen von derzeit 1.200.000 € Euro im Jahr deutlich zu senken. Die Quadratur des Kreises, die nur mit dem tiefen Griff in die Trickkiste gelingen wird.
Dazu soll der Zoo, bisher ein städtisches Amt in eine (gemeinnützige) GmbH umgewandelt werden. Wie steht es so schön im Konzept:
Ein Marktvergleich der letzten Jahre belegt, daß Letztere, die Mutigen, auch die Erfolgreichen sind.
Die „Mutigen“, das sind die Zoos, die viel Geld in die Hand genommen haben, um besser werden. Die weniger Mutigen, dass sind Zoos wie Hoyerswerda derzeit, wo man Kosten spart, um die Eintrittskosten niedrig zu halten. Die Zooplaner wollen das Gegenteil. Sie wollen Geld in die Hand nehmen (lassen) und das mit gestiegenden Eintrittseinnahmen ausgleichen (lassen). Eine gGmbH unterstützt dabei zum Einen das eigenverantwortliche Arbeiten – kann damit nicht auch ggf. ein bestehender Tarifvertrag unterlaufen werden? – und ermöglicht vor Allem Abschreibungen in der Bilanz. Denn alle Neubauten lassen sich steuerlich über unterschiedlich lange Zeiträume abschreiben.
Doch Dreh- und Angelpunkt ist die Finanzierung. Die gelingt unter Anderem durch Einsparungen beim Personal. Bis 2022 sinken die Personalkosten um 100.000 € von 1.060.000 € auf 957.000 €. Offensichtlich ist das durch die kürzeren Wege im neuen Witrschaftshof, der viel Zeit sparen soll, genauso möglich, wie durch die viel geringere Artenvielfalt. Auch die sinkenden Kosten für Futtermittel von 110.000 € auf 99.000 € sind ein klares Indiz auf diese Ausdünnung. Doch ein weiterer Punkt fällt auf. Im Finanzierungsplan steht ein wichtiger Punkt, der sich Kapitaldienst nennt. Unter Kapitaldienst verstehen Buchhalter die Gesamtkosten für Kredite. Also werden Kredite (zu welchem Zinssatz, welche Laufzeit?) aufgenommen, um den Zoo zu sanieren. Diese Kosten steigen von 330.030 € im Jahr 2012 auf bis zu 1.468.500 € im Jahr 2022. Also mehr als eine Vervierfachung und gleichzeitig am Ende die Hälfte der jährlichen Gesamtkosten. Leider geht aus dem Finanzierungsplan nicht hervor, ob nach 2022 alle Kredite getilgt sein werden, was ich genau deshalb einfach mal höchst offiziell anzweifle. Es soll aber auch Einnahmen geben. Die sollen vor Allem über die Eintrittserlöse gesteigert werden. Bisher kostet die teuerste Tageseintrittskarte für Erwachsene 3,50 €. Das ist wenig. Auch ich hatte ja in der Vergangenheit gesagt, dass ein Preis bis unter 5 € vertretbar sein könnte. Im Finanzierungskonzept werden Durchschnittspreise zu Grunde gelegt. Hier wird nur im Kleingedruckten darauf hingewiesen , dass dieser so errechnet wurde, dass er zirka 75% der teuersten Tageseintrittskarte für Erwachsene beträgt. Das überliest man gerne und versteht so nicht die Empörung über die Kostenexplosion. Denn schon im Jahr 2012 sollen durschnittlich 3,75 € erlöst werden. Das klingt vertretbar , doch bedeutet in der Praxis, dass die Erwachsenenkarte schon nächstes Jahr 5 € kosten müsste! Ohne eine sichtbare Verbesserung mit Bautätigkeiten und Einschränkung der Tiergehege. Aber es kommt noch besser. 2015 ist der nächste Schritt auf durchschnittlich 4,13 € fällig. Dann sollen also 5,50 € pro Erwachsenen bezahlt werden, 2017 kostet die Karte durchschnittlich 4,88 €, der Erwachsene zahlt also schon 6,50 €. 2019 sind durchschnittlich 5,25 € zu löhnen, macht also 7 € pro Erwachsenen. 2021 sollen 6 € pro Besucher erlöst werden, also müssten Erwachsene schon 8 € zahlen und 2022 setzt dem die Krone auf, mit Abschluss aller Bauarbeiten werden 6,75 € pro Besucher rauskommen, also satte 9 € pro Erwachsenen. Das sind fürstliche Preise, die dann für eine deutlich geringere Artenvielfalt fällig werden sollen, in einer strukturschwachen Region. Die Ausgrenzung weniger finanzkräftiger Einwohner wird durch die Verzweieinhalbfachung der Eintrittspreise also faktisch zementiert. Keine Milchmädchenrechnung ohne das fleißige Milchmädchen – bei steigenden Preisen sollen auch die Besucherzahlen steigen. Sollen im kommenden Jahr noch 140.000 Zahlmeister in den Zoo gehen, Stürmen 2022 bereits 250.000 Gäste den Zoo, wegen der tollen Tiergehege und der günstigen Eintrittspreise. Doch es gibt noch eine zusätzliche neue Einnahmequelle. Da am Zoorestaurant nix zu verdienen ist, soll der Zookiosk mit Biergarten und Café am alten Eingang (2012-2013 für 60.000 € ausgebaut) pro Besucher 2 € Gewinn erzielen – macht im Jahr 2022 dann satte 500.000 € also ein Sechstel der Gesamteinnahmen! Das tolle für die Stadt sind die roten Zahlen am Ende der jeweiligen Kolonnen. Die zeigen den Zuschussbedarf für die Stadt auf. Schon 2012 sollen sie von 1,2 Millionen auf 1,068 Millionen sinken und bis 2022 sollen nur noch pupsige 175.000 Euro nötig sein. Die Quadratur des Kreises ist somit theoretisch gelungen!
Ich finde das Zookonzept sehr gut. Es würde den Zoo tatsächlich auf den aktuellen Stand bringen und die Attraktivität steigern. Die Einbindung des Schlosses und damit des Museums ist gut gelöst. Problematisch ist, dass die Artenvielfalt darunter leiden wird. Doch das größte Hinderniss würde hier tatsächlich die geplante Finanzierung darstellen. Die gGbmH soll also zunächst einmal umfangreiche Kredite aufnehmen müssen, um die knapp 12 Millionen Euro zu finanzieren. Doch diese Zeche sollen die Zoobesucher mit Eintrittspreise von bis zu 9 € zahlen. Ich bin da mehr als skeptisch, zumal die besondere wirtschaftliche Situation in Hoyerswerda beachtet werden muss. Vielleicht zielt das Konzept auch mehr auf die Seenlandbesucher ab und will bei den Urlaubern abkassieren, aber ob das aufgeht ist fraglich. Es fällt auch auf, dass der Zooverein nicht einbezogen wird, an keiner Stelle steht konkret, wo die Zoofreunde helfen dürfen, außer eben im Finanzplan bei den Eintrittspreisen, denn auch die Zoovereinsmitglieder dürften kräftig zur Kasse gebeten werden…
Ein diskutables Konzept. Das heißt aber eben, dass man auch diskutieren muss! Denn die Eintrittspreiserhöhungen sind mehr als grenzwertig. Hier müssen Lösungen für sozial schwächere her. Es müssten auch Lösungen für kostenlosen/günstige Besuchsmöglichkeiten für Schulen gefunden werden. Wir dürfen gespannt sein!
2 Pings
[…] Hoyerswerdaer Kunden selbst bestimmen und viel Gutes tun kann. Aufgaben gibt es Viele: Sei es, die Sanierungsarbeiten im Zoo zu finanzieren, den geplanten Umbau des ehemaligen Zuse-Gymnasiums voranzutreiben oder auch die […]
[…] Besucherrückgang hat natürlich auch Folgen, Schließlich soll der Zoo bis zum Jahr 2022 kontinuierlich umgestaltet werden und benötigt daher immerhin 12 Millionen Euro, um die benötigten Investitionen anzustoßen. Und […]