A SERBCE? Und auf Sorbisch? – Landratsamt zieht falsche Schlüsse…

A SERBCE? Auf Sorbisch? - Landratsamt zieht falsche Schlüsse...
A SERBCE? Auf Sorbisch? – Landratsamt zieht falsche Schlüsse…

Die Lausitzer Rundschau berichtet heute auf Basis einer Meldung des Landratsamtes über eine bösartige Welle von Sachbeschädigungen. So wurden „dutzende“ Verkehrsschilder im Landkreis Bautzen mit rot-weißen Aufklebern beschädigt. Oder wie es Benedikt Ziesch, der Beauftragte für sorbische Angelegenheiten ausrückt:

 
Das ist Sachbeschädigung. Die Entfernung kostet Zeit, Geld und Kraft.

 Das ist prinzipiell richtig. Aber was steckt eigentlich hinter der Aktion?

Die Lausitzer Rundschau zieht nämlich – offensichtlich fehlgeleitet durch das Landratsamt – einen falschen Schluss. Demzufolge wolle die Aktion darauf hinweisen, dass hunderte Verkehrsschilder faslch Sorbisch übersetzt wurden. An diesem Tjema hängt man sich nun auf und sucht an dieser Stelle den Fehler.

Doch die Thematik ist eine ganz andere. Die Aufkleber wurden offensichtlich ausschließlich auf Beschilderungen geklebt, die keine zweisprachigen Ortsnamen verwenden. Es geht also nicht um mögliche Übersetzungsfehler, sondern darum, ob der Freistaat Sachsen seinen Verpflichtungen aus dem Sächsischen Sorbengesetz nachkommt. Darin heißt es in § 2 (Recht auf Sorbische Identität) in Absatz 3:

 Das sorbische Volk und jeder Sorbe haben das Recht auf Schutz, Erhaltung und Pflege ihrer angestammten Heimat und ihrer Identität. Der Freistaat Sachsen, die Landkreise, Gemeindeverbände und Gemeinden im sorbischen Siedlungsgebiet gewährleisten und fördern Bedingungen, die es den Bürgern sorbischer Volkszugehörigkeit ermöglichen, ihre Sprache und Traditionen sowie ihr kulturelles Erbe als wesentliche Bestandteile ihrer Identität zu bewahren und weiterzuentwickeln.

Demnach ist die Sprache ein wesentlicher Bestandteil der Sorbischen Identität. Diese soll gewährleistet und gefördert werden. Dies wird unter anderem durch zweisprachige Beschilderung erreicht, wie der § 10 weiter ausführt:

(1) Die Beschilderung im öffentlichen Raum durch die Behörden des Freistaates Sachsen und die seiner Aufsicht unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, insbesondere an öffentlichen Gebäuden, Einrichtungen, Straßen, Wegen, öffentlichen Plätzen und Brücken, soll im sorbischen Siedlungsgebiet in deutscher und sorbischer Sprache erfolgen.

(2) Der Freistaat Sachsen und die seiner Aufsicht unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts wirken darauf hin, daß auch andere Gebäude von öffentlicher Bedeutung im sorbischen Siedlungsgebiet in deutscher und sorbischer Sprache beschriftet werden.

Demnach sollen Beschilderungen im Sorbischen Siedlungsgebiet also zweisprachig ausgeführt sein, wenn sie im Siedlungsgebiet der Sorben liegen. Das Siedlungsgebiet ist ist der Anlage zum Gesetz genau mit Ortsnamen und -bezeichnungen aufgeführt. Auf dieser Grundlage wurde die zweisprachige Beschilderung vorgenommen. In Hoyerswerda trifft man zum Beispiel an jeder Straßenecke auf diese zweisparachigen Schilder. Und das ist gut so.

Doch nun wird es spannend. Durch die Sächsische Verwaltungsreform „Moderne Verwaltung“ soll das Landgericht Bautzen entfallen und nur noch als Außenstelle des Landgerichts Görlitz dienen. Damals wehrten sich Bautzener Juristen juristisch gegen den Wegfall des Landgerichts mit dem Argument, dass der Sorbischen Minderheit laut Sächsischem Sorbengesetz (in diesem Falle im § 9) eben eine Zweisprachigkeit bei den Behördengängen garantiert wird. Damals bot sogar der Sächsische Justizminister an, durch Änderung des Sorbengesetzes das Recht vor Gericht Sorbisch zu sprechen auch auf den Landkreis Görlitz zu erweitern. Damit könnte man die Probleme galant umschiffen, und kann das Landgericht Bautzen auflösen. Doch die Sorben argumentierten dagegen, dass in diesem Falle ja nicht einfach nur ein Recht erweitert würden, wenn dann zwangsläufig eben auch die weiteren Rechte, wie zum Beispiel die zweisprachige Beschilderung. Deshalb wurde eine Klage sogar bis vor das Bundesverfassungsgericht geführt, dort scheiterten die Bautzener Juristen allerdings – wegen Formfehlern. Demzufolge wäre die Klage nicht hinreichend begründet worden, außerdem seien die Beschwereführer (also die klagenden Bautzener Juristen) als Nichtsorben auch gar nicht die Betroffenen. Die Lösung hätte sein müssen, dass der Verband der Lausitzer Sorben die Domowina e.V. eine entsprechende Klage einreicht.

Doch der Freistaat entschloss sich, einfach einseitig das Recht auf die Sorbische Sprache vor Gerichten auszuweiten. Der Kunstgriff funktionierte, indem die Landkreise Bautzen und Görlitz zu den Heimtkreisen der Sorben in der Lausitz definiert wurden. Aber nur in diesem einen neuen Absatz 2 zum § 9, der im Wortlaut so geht:

(2) In den Heimatkreisen der sorbischen Bevölkerung gemäß § 184 Satz 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. Mai 1975 (BGBl. I S. 1077), das zuletzt durch Artikel 3 Abs. 1 des Gesetzes vom 22. Dezember 2010 (BGBl. I S. 2300, 2303) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, gelten die Festlegungen des Absatzes 1 vor Gerichten des Freistaates Sachsen entsprechend. Heimatkreise sind die Landkreise Bautzen und Görlitz.

 Nun haben die Sorben natürlich die Situation, die sie bereits angekündigt hatten. Sie interpretieren diesen Absatz so, dass das Heimatgebiet der Sorben auf den Landkreis Görlitz erweitert wurde. Demzufolge müssen auch die Beschilderungen im Landkreis Görlitz und zu allen Städten und Gemeinden im Landkreis Görlitz und Bautzen zweisprachig ausgeführt sein.

Die Aufkleberkampagne ist also eine Aktion, um den Freistaat und damit die Landkreise und Gemeinden auf ihre Verpflichtungen gemäß Sorbengesetz hinzuweisen. Auf diese Lösung htte sowohl das Landratsamt, daus augenscheinlich nicht auf diese Lösung kommen möchte, als auch die Lausitzer Rundschau kommen können. Schon vor einigen Tagen erschien dazu ein kurzer Blogbeitrag bei Pixilla von Jörg Stephan, der diesen Konflikt in kurzen Worten zusammenfasste und korrekt zu einem Sorbisch-sprachigen Weblog „Piwarc“ verlinkte.  

 

3 Kommentare

  1. So wie ich das interpretiere, geht es nicht um die Ausweitung der zweisprachigen Beschilderung *außerhalb* des bisherigen Siedlungsgebietes, sondern lediglich um die konsequente Umsetzung *innerhalb* des bestehenden. Es gibt ja auch keinen ersichtlichen Grund, warum man *in Bautzen* bspw. Hoyerswerda sorbisch ausschildern sollte, Dresden und Görlitz aber nicht. Ich kann mich natürlich irren, aber mit der Landgerichtsgeschichte scheint das nichts zu tun zu haben.

  2. Diese Inkonstenz ist sicherlich merkwürdig, erklärt sich aber wohl damit, dass Sorben ja nur erwarten dürfen, innerhalb ihres Siedlungsgebietes zweisprachig beglückt zu werden. Die Idee, die dahinter stecken mag, ist natürlich perfide: Nur innerhalb der Sorbischen Siedlungsgebiete der Lausitz wird entsprechend zweisprachig ausgeschildert für Gemeinden, die innerhalb des Sorbischen Siedlungsgebietes liegen. Wenn Sorben dann dorch mal woanders hin wollen, dann müssen sie eben Deutsch sprechen.

    Ich verstehe die Aktion so, dass es um die Zweisprachigkeit Richtung Landkreis Gölritz geht, weil ja besonders diese Schilder verziert wurden, lasse mich aber auch gern eines Besseren belehren.

  3. Ich weiß nicht, die Aufkleber habe ich auch an vielen anderen Schildern gesehen. Auf den Bildern war allerdings immer Görlitz überklebt, das stimmt.

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